Locarno 2013: Eröffnung mit Actionfilm und Christopher Lee

Während es zur Eröffnung des 66. Filmfestivals von Locarno die Stars Mark Wahlberg und Denzel Washington nur auf der Leinwand in Baltasar Kormakurs Actionfilm "2 Guns" zu sehen gab, kam der 91-jährige zur Verleihung des Excellence Award Moët & Chandon persönlich an den Lago Maggiore.

Dem Eröffnungsfilm kommt bei einem Filmfestival immer besonders viel Beachtung zu. Seine Auswahl will deshalb gut überlegt sein. Großes Kino soll dieser Film in der Regel bieten, unterhaltsam sein, aber auch gewisse künstlerische Ansprüche erfüllen.

Vittorio de Sicas "Der Garten der Finzi Contini" und Roman Polanskis "Chinatown", die zum Test der Anlage als "Vorfestival" m Sonntag- bzw. am Dienstagabend auf der Piazza Grande gezeigt wurden, erfüllen diese Kriterien zweifellos. – Die Technik freilich ließ die Organisatoren bei "Chinatown" im Stich, denn mitten unter der Rede von Festivalpräsident Marco Solari fielen Bild und Ton plötzlich aus und die Vorführung von Polanskis Film noir konnte erst mit einer Stunde Verspätung beginnen.

Pannen bei der Generalprobe sollen ja der beste Garant für eine gelungene Premiere sein. Für Glanz sorgte dann auch am Mittwochabend die Verleihung des Excellence Award Moët & Chandon an Sir Christopher Lee, der aufgrund der Mitwirkung an 275 Filmen als Schauspieler mit den meisten Filmrollen im Guinness Buch der Rekorde steht.

Baltasar Kormakurs im Anschluss daran gezeigte Actionkomödie "2 Guns" konnte dagegen nicht begeistern. Das Buddie-Movie hat sich am Startwochenende in den USA mit einem Einspielergebnis von 27,3 Millionen Dollar zwar an die Spitze der Kinocharts gesetzt – was freilich kaum verwundert, werden doch die "großen" Filme mit einer so großen Zahl an Kopien und Werbung gestartet, dass sie zumindest an den ersten Tagen meistens ein entsprechendes Publikum finden -, bietet aber nur viel Action und fällt durch seine zynische Grundhaltung negativ auf.

Einzig die Starbesetzung dürfte den neuen künstlerischen Leiter Carlo Chatrian veranlasst haben, "2 Guns"“ als Eröffnungsfilm auszuwählen. Die Handlung um zwei Undercover-Cops unterschiedlicher US-amerikanischer Organisationen, die ohne von der Identität des anderen zu wissen, zunächst gegen einen mexikanischen Drogenboss ermitteln, bald aber von ihren eigenen Organisationen gejagt werden, weist zwar zahlreiche Wendungen auf, fesselt aber doch nie.

Gleichgültig bleiben einem die Figuren dieser Adaption einer Graphic Novel, kalt ist der Blick Kormakurs auf eine Welt, in der jeder jeden reinlegt und man keinem mehr vertrauen kann. Auch die US-Behörden bekommen hier ihr Fett aber, doch einen gesellschaftskritischen Blick lässt "2 Guns" vermissen.

Vielmehr versucht Kormakur mit Zynismus zu punkten, wenn mit einem Witzchen Leute abgeknallt oder angeschossen werden. Lachen kann man darüber aber kaum, auch wenn die Chemie zwischen Wahlberg und Washington stimmt. Spaß scheint ihnen der Film gemacht zu haben, das Vergnügen des Zuschauers hält sich dagegen sehr in Grenzen. – So überstrahlte Christopher Lee und die Erinnerung an seine Filme von "Dracula" bis "Nachtzug nach Lissabon", in dem sein Auftritt als alter Pater zu den eindrücklichsten Momenten zählte, diesen Eröffnungsabend.