Léger – Laurens. Tête-à-Tête

Die Arbeiten von Fernand Léger (1881 - 1955) und Henri Laurens (1885 - 1954) waren prägend für die Moderne. Die Künstler wirkten in zwei unterschiedlichen Gattungen: Léger setzte in der Malerei starke Akzente und Laurens schuf Skulpturen, die noch heute vielen Bildhauern als Vorbild dienen. Die Arbeiten der beiden Zeitgenossen Léger und Laurens werden im Museum Frieder Burda erstmals gegenübergestellt. Thematische Parallelen, gemeinsame Interessen sowie ihre Freundschaft werden in der Präsentation herausgearbeitet. Diese außergewöhnliche Ausstellung bietet die Möglichkeit, zwei Ikonen der Klassischen Moderne in einem neuen Licht zu entdecken.

Bedeutende Leihgaben für diese Ausstellung kommen aus dem Centre Pompidou in Paris, das eine beachtliche Sammlung an Arbeiten der beiden Künstler besitzt. In Baden-Baden werden hochkarätige Hauptwerke zu sehen sein. Seit 2008 besteht eine enge Kooperation zwischen dem Centre Pompidou und dem Museum Frieder Burda. Der Sammler Frieder Burda unterhält seit langem eine freundschaftliche Beziehung zu diesem bedeutenden Museum und ist als einziger Deutscher in dessen Ankaufskommission. Das Pariser Museum erhält für Ausstellungen wichtige Werke aus der Sammlung Frieder Burda und umgekehrt werden Meisterwerke aus dessen Sammlung nach Baden-Baden entliehen.

Über 20 bedeutende Werke kommen für das Tête-à-Tête zwischen Léger und Laurens aus dem Centre Pompidou Paris nach Baden-Baden. Einige davon werden erstmals in Deutschland zu sehen sein. Dazu zählt das von einem ganz neuartigen Malstil geprägte monumentale Werk von Fernand Léger "La Composition aux deux perroquets – Komposition mit zwei Papageien" (1935–39). Das imposante, vier Meter auf vier Meter fünfzig große Gemälde zählt zu den bedeutendsten Kunstwerken der Moderne. Ergänzt wird diese Auswahl um weitere Werke aus großen europäischen Museen und Privatsammlungen, darunter das Kunstmuseum Basel, das mumok Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien oder die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Zwei Skulpturen von Henri Laurens aus der Sammlung Frieder Burda werden ebenfalls gezeigt: "La grande maternité – Die große Schwangere" (1932) und "La mère – Die Mutter" (1935).

Fernand Léger, geboren 1881 in Argentan in der Normandie, gehört zu den herausragenden Vertretern der Moderne des beginnenden 20. Jahrhunderts. Nachdem er zuerst mehrere Jahre als Architekturzeichner gearbeitet hatte, ging Léger um 1900 nach Paris und belegte dort Kurse an der École des Art Décoratifs. Ebenso wie seine Freunde Pablo Picasso und Georges Braque setzt er sich in seinen Werken mit seiner Zeit auseinander und erarbeitet in der kubistischen Phase seines Schaffens Bilder in kräftigen Farben (Blau, Weiß, Gelb, Grün), die er "Formkontraste" nennt. Gleichzeitig mit Henri Laurens, den er 1910 kennen lernte, mit Marc Chagall, dem Schriftsteller Guillaume Apollinaire und anderen, hatte er ein Atelier in der berühmten Pariser Künstlerkolonie "La Ruche".

Die Maschinen nehmen in Légers Welt einen großen Platz ein. Unter Einfluss der Kriegsmaschinerien begann seine "période mécanique" (mechanische Periode), in der auch der Experimentarfilm "Le ballet mécanique" entstand. Er selbst wäre bei einem Einsatz im ersten Weltkrieg beinahe ums Leben gekommen. Der Mensch fügt sich fortan formelhaft in seine Sujets ein, er wird als anonymes Objekt dargestellt.

Nach der "période mécanique" bestimmt die Beschäftigung mit dem Monumentalen Fernand Légers Werk. Der Künstler malt großformatige Bilder wie "La Composition aux deux perroquets – Komposition mit zwei Papageien" (1935–39), ein Meisterwerk dieser Zeit. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitet Fernand Léger in New York, wo er großen Einfluss auf die amerikanische Kunst ausübt. Er verwendet nun leuchtende, reine Farben, die sich schon bald von den Formen lösen, zu denen sie gehören. Eine neue Welt tritt in Erscheinung. Der Künstler konzipiert einen dynamischen Raum, in dem der Mensch – als Akrobat, Radfahrer oder Taucher – nun wieder stärker seinen Platz findet.

Entstanden ist ein insgesamt beeindruckendes OEuvre von universellem Charakter. Neben Gemälden schuf Léger auch monumentale Plastiken, Mosaiken und Glasfenster. Auf der Biennale von São Paulo erhielt er Anfang 1955 den Malerpreis. Im selben Jahr verstarb er in seinem neu eingerichteten Atelier in Gif-sur-Yvette bei Paris. Einige seiner Werke wurden posthum auf verschiedenen documenta-Ausstellungen in Kassel gezeigt.

Henri Laurens, 1885 als Sohn eines Arbeiters in Paris geboren, erhält früh eine handwerkliche Ausbildung in einem Dekorationsatelier. Dort modelliert er Stilornamente und zeichnet Architekturentwürfe. Tagsüber lernt er auf Bauplätzen Steine zu behauen, abends besucht er Zeichenkurse. Seine ersten Skulpturen sind von Rodin beeinflusst. Als er mit dem Kubismus in Berührung kommt, entwickelt sich die Idee, in Plastiken, Reliefs und Collagen den analytischen Kubismus in die dritte Dimension zu übertragen. Dabei wird das Motiv in kleine geometrische Formen zerlegt, Körper und Raum werden völlig zergliedert.

Auch Laurens war eng mit Georges Braque und Pablo Picasso befreundet. Picasso, dem die Ergebnisse des Bildhauers gefallen, bringt Laurens 1915 mit dem Kunsthändler Léonce Rosenberg (1879-1947) zusammen, der einige seiner Skulpturen kauft und den Künstler während der Zeit des 1. Weltkrieges unterstützt.

Kurz nach dem Krieg entsteht eine Reihe von Reliefs aus Terrakotta und Stein. 1921 löst sich Laurens vom Kubismus und wendet sich der menschlichen Figur und dem Volumen zu. Die dreißiger Jahre sind von massigen, dynamischen, häufig aus Bronze gefertigten Kompositionen wie "L’Océanide – Die Okeanide" (1932/33) geprägt. Dabei findet Laurens zu einem organischen, kurvigen Stil, in dem er abstrahierte, rhythmisch bewegte Figuren - meist weibliche Akte - von poetischer Kraft realisiert. In zahlreichen Arbeiten setzt er sich mit Themen der antiken Mythologie, wie der Flora und den Okeaniden, auseinander, die er neu interpretiert. Laurens, der ein Gegner jeglicher Form von Totalitarismus ist, erschafft ein OEuvre, in dem jene unruhige Zeit zwischen Tradition und Bruch zum Ausdruck kommt: Arbeiten wie "La Musicienne – Die Musikerin" (1937), "L’Adieu – Der Abschied" (1940/41) und "Le Matin – Der Morgen" (1944) zeugen von dieser Auseinandersetzung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstehen Rundplastiken wie "La Grande Baigneuse – Die große Badende" (1947) oder "L’Automne – Der Herbst" (1948), die bis heute einen großen Einfluss auf die zeitgenössische Skulptur ausüben. 1948 repräsentiert Henri Laurens Frankreich auf der Biennale von Venedig. 1953 erhält er seinen ersten großen öffentlichen Auftrag von der Universitätsstadt Caracas, für die er die über vier Meter hohe Bronzeplastik "Amphion" schafft. Als Vertreter der Bildhauerkunst wird Laurens in diesem Jahr nach São Paulo eingeladen, wo ihm der große Preis der Biennale zugesprochen wird. Neben den plastischen Arbeiten schafft Laurens von Beginn an ein umfassendes graphisches OEuvre mit Holzschnitten, Radierungen und Buchillustrationen. Am 5. Mai 1954 stirbt er in Paris.

Beide Künstler haben sich gut gekannt und sehr geschätzt. Ihre Werke sind von einer großen Freiheit im künstlerischen Schaffen geprägt. Sie werden in der Baden-Badener Ausstellung in einen großzügigen Dialog miteinander gesetzt, der unvorhersehbare Verbindungen der beiden Künstler sichtbar macht.

Léger – Laurens. Tête-à-Tête
23. Juni bis 4. November 2012