Kunsthaus Zürich zeigt Einzelausstellung von Javier Téllez

In einer Überblicksausstellung, die vom 31. Oktober 2014 bis 4. Januar 2015 im Kunsthaus Zürich zu sehen ist, thematisiert der venezolanische Künstler Javier Téllez Fragen von "Normalität" und "Anderssein". Für seine Werke arbeitet er eng mit Minderheiten zusammen, wie Patienten in psychiatrischen Kliniken oder Menschen mit Behinderungen. Die Ausstellung "Shadow Play" zeigt eine repräsentative Auswahl von Téllez‘ Filminstallationen der letzten 10 Jahre. Javier Téllez wurde 1969 in Valencia, Venezuela, geboren. Er lebt in New York und hat sich mit Beteiligungen an wichtigen internationalen Gruppenausstellungen wie der documenta 13 einen Namen gemacht.

Téllez geht es um eine Hinterfragung des Begriffs des "Anderen". Als Sohn zweier Psychiater wurde er schon früh mit Fragen des Andersseins konfrontiert. Das Wohnzimmer der Familie war zugleich Empfangsraum für die Patienten wie auch Spielzimmer der Kinder. Téllez erinnert sich: "In gewisser Weise wuchs ich mit den psychisch Kranken auf. Von frühester Jugend an war ich ihnen nahe, was dazu führte, dass für mich die Grenzen zwischen dem, was normal und krank ist, verschwammen." Der Künstler thematisiert in seinen Filmen aber nicht nur die Welt der psychisch Kranken, sondern er lädt sie ein, aktiv an seinen Produktionen teilzunehmen. Sie werden zu Koautoren des Drehbuchs und zu Hauptdarstellern in seinen Filmen. Auf diese Weise helfen sie dem Künstler, filmische Erzählungen zu entwickeln, die dokumentarische und fiktive Elemente verbinden und eine neue Lesart von philosophischen Texten, klassischen Mythen und historischen Ereignissen ermöglichen.

Zwei Ikonen des deutschen Expressionismus dienten als Inspirationsquelle für "Caligari und der Schlafwandler" (2008): Robert Wienes Film "Das Cabinet des Dr. Caligari" (1920) und das 1924 fertiggestellte Observatorium von Architekt Eric Mendelsohn, der Einsteinturm. Wienes Klassiker ist einer der ersten Filme, in dessen Zentrum psychische Erkrankungen stehen. Téllez bat Patienten einer Berliner Psychiatrie-Einrichtung, sich das Avantgarde-Werk anzuschauen und sich eine neue Fassung dieses Stummfilms vorzustellen, mit dem Einsteinturm als Ausgangspunkt.

Daneben ist "Letter on the Blind, For the Use of Those Who See" (2007) zu sehen, eine Filminstallation, die ihren Titel aus dem Werk Diderots "Lettre sur les aveugles à l’usage de ceux qui voient" (1749) ableitet. Darin erzählt der französische Philosoph das Leben eines blinden Mathematikers und stellt Überlegungen dazu an, wie menschliche Vernunft und das über die Sinne gewonnene Wissen zusammenhängen. Téllez‘ Film basiert auf einer indischen Parabel, in der sechs blinde Männer, die niemals einen Elefanten gesehen haben, eingeladen werden, diesen an jeweils unterschiedlichen Stellen zu berühren und ihre dabei empfundenen Eindrücke zu beschreiben. Die Beschreibungen und Deutungen des Erfahrenen liegen weit auseinander, was zeigt, dass die Wirklichkeit nicht objektiv ist, sondern subjektiver Wahrnehmungen entspringt.

Für die documenta 13 entstand "La Conquista De México" (2012). Der Film ist inspiriert von der legendären Mexikoreise des französischen Dichters, Dramatikers, Theaterregisseurs und Stückeschreibers Antonin Artaud und seinen Aufzeichnungen für ein Stück mit dem Titel "The Conquest of Mexico" (1934). Auch in der Ausstellung zu sehen sind der Film "O Rinoceronte de Dürer" (2010), ein 16mm-Film, der wie die meisten von Téllez‘ Werken in ein HD-Video-Format überspielt wurde. Einzelne Kunstwerke von Dürer bis Giacometti, die den Künstler für seine Produktionen inspiriert haben, ergänzen die auf mehrere Räume verteilten Projektionen.


Javier Téllez - Shadow Play
31. Oktober 2014 bis 4. Januar 2015