Kunst, Keramik & Konflikte

Heinrich Schmidt-Pecht, 1854 in Konstanz geboren und dort 1945 gestorben, stellte sein Leben ganz in den Dienst der Kunst. Über ein halbes Jahrhundert zählte er zu den Persönlichkeiten, die das kulturelle Geschehen in der Bodenseestadt dominierten. Nach einem Kunststudium in München, Nürnberg, Paris und Karlsruhe übernahm Schmidt-Pecht 1883 die lithographische Anstalt seines Vaters, gab diese jedoch 1906 auf und wandte sich mit seiner kunsthandwerklich begabten Frau Elisabeth der Herstellung von Kunstkeramik zu, mit der sie seit 1898 internationale Erfolge feierten.

Der Erste Weltkrieg zwang sie zur Einstellung des Betriebs. Bereits 1887 war Schmidt-Pecht zum Ersten Vorsitzenden des Konstanzer Kunstvereins gewählt worden, 1889 übernahm er zudem die ehrenamtliche Leitung der Wessenberg-Galerie. In dieser Doppelfunktion kam ihm großer Einfluss zu: Er hatte nicht nur maßgeblichen Anteil an der kommunalen Ausstellungspolitik, sondern sollte auch die inhaltliche Ausrichtung der Sammlung der Wessenberg-Galerie über lange Zeit nahezu allein bestimmen. 56 Jahre stand Heinrich Schmidt-Pecht der Wessenberg-Galerie vor.

Seine künstlerische Sozialisation war unter dem Eindruck von Historismus und Jugendstil erfolgt und dementsprechend setzte er auch die Schwerpunkte seiner Ankäufe. Seit seiner Studienzeit war er mit zahlreichen Künstlern bekannt und befreundet, unter anderem mit Julius Diez, Hans Garnjobst, Peter Halm, Ferdinand Keller, Ernst Kreidolf, Carl Theodor Meyer-Basel, Emil Strauß, Hans Thoma, Wilhelm Volz, Albert Welti und Ernst Würtenberger. Werke dieser Künstler suchte er für die ihm anvertraute Galerie zu gewinnen. Daneben kaufte er Gemälde vom am Bodensee ansässigen Künstlern wie Elise Brunner, Karl Einhart, Bruno Goldschmitt, Heinrich Lotter, Alexander Rihm oder Robert Weise.

Der damals modernen Kunst wie Expressionismus oder Neuer Sachlichkeit stand er weitgehend ablehnend gegenüber. Nur zögernd erwarb er, seit den 1920er-Jahren durch die Einrichtung einer städtischen Ankaufkommission mehr gezwungen als freiwillig, Werke dieser Richtung verbundener Künstler wie Adolf Dietrich, Waldemar Flaig, Heinrich Herzig, Karl Hofer, Hans Purrmann, Rudolf Wacker oder Walter Waentig. Auch in der Zeit des "Dritten Reiches" blieb Heinrich Schmidt-Pecht seinem konservativen Kunstgeschmack treu, setzte sich aber zur Wehr, als die Nationalsozialisten 1937 sieben Werke aus der städtischen Sammlung als "entartete Kunst" beschlagnahmten. Da das Ehepaar Schmidt-Pecht kinderlos blieb, vermachte es seine eigene Sammlung der Stadt Konstanz und sollte damit die inhaltliche Schwerpunktsetzung auf der Kunst der Jahrhundertwende nochmals verstärken.

Unter dem Titel "Kunst, Keramik und Konflikte" stellt die Ausstellung nicht nur Heinrich Schmidt-Pechts vielfältiges Wirken dar, sondern zeichnet auch seine Beziehungen zu Künstlern nach und erforscht erstmals der Inhalt seiner eigenen Sammlung. Eine wichtige Quelle stellten Schmidt-Pechts Lebenserinnerungen dar, die bisher nur als Typoskript in wenigen Exemplaren existierten und nun in einer kommentierten und reich bebilderten Ausgabe neu herausgegeben werden. Diese "Erinnerungen aus einem langen Leben in der Heimatstadt Konstanz" zeichnen das facettenreiche Bild eines kunstbegeisterten und engagierten, aber keineswegs unumstrittenen Mannes und lassen zugleich ein interessantes Kapitel Konstanzer Stadt- und Kunstgeschichte lebendig werden.


Kunst, Keramik & Konflikte
Heinrich Schmidt-Pecht. 1854-1945
19. Januar bis 28. April 2019