Kühler Thriller im Stil der 70er Jahre zur Eröffnung der 59. Berlinale

6. Februar 2009
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Mit den Machenschaften einer Großbank steht ein Thema von heute im Mittelpunkt von Tom Tykwers Politthriller "The International", formal erinnert der mit Clive Owen und Naomi Watts hochkarätig besetzte Film aber eher an US-Thriller der 70er Jahre.

Vielleicht sieht Tom Tykwers "The International", mit dem die 59. Berlinale gestern eröffnet wurde und der ab 12. Februar in den Kinos läuft, so aus, wie sich Marc Forster seinen "James Bond-Film" vorgestellt hat: Ein schnörkelloser, kühler Thriller im Stil des US-Paranoia-Kinos der 70er Jahre. Statt 007 steht hier der Interpol-Mann Louis Salinger (Clive Owen) im Mittelpunkt, der den Machenschaften einer luxemburgischen Großbank auf der Spur ist. Unterstützung erhält er dabei fast nur von der New Yorker Staatsanwältin Eleanor Whitman (Naomi Watts), während Vorgesetzte die Ermittlungen mehr behindern als fördern. Dass dahinter die einzelnen Regierungen stehen, die wiederum mit der Bank oder vielmehr dem internationalen Bankenwesen verflochten sind, wird zwar nicht wirklich ausformuliert, aber doch mehr als nur angedeutet.

So unvermittelt der Einstieg mit einer geheimen Unterredung in einem Wagen vor dem Berliner Hauptbahnhof und einem anschließenden Mord ist, so funktional und ökonomisch ist die Erzählweise des ganzen zweistündigen Thrillers, bis zum abrupten Ende. Hier gibt es keinen Platz für private Biographien – ein Umstand, der freilich kaum Identifikation und emotionale Nähe zu den Figuren schafft -, es geht allein um die Ermittlungen und damit verbunden unübersehbar auch darum, den Zuschauer auch für potentielle reale Machenschaften von Großbanken und ihre Verflechtungen mit Waffenfirmen und Regierungen zu sensibilisieren.

So gibt es in dem zügig inszenierten Film auch kaum eine Szene, die in einem privaten Raum spielt, alles läuft in öffentlichen Gebäuden ab, vor einem Bahnhof, in einem Museum, bei einer Wahlveranstaltung, in einer Bank. Von Frank Griebes Kamera durchgängig in die kalten Blau- und Grautöne der Beton-, Stahl- und Glasbauten der heutigen Wirtschaftswelt getaucht wird dabei konsequent eine kalte Atmosphäre evoziert. Mehr Wert als auf spektakuläre Action legt Tykwer auf die Geschichte. Wo bei Bond oder auch Bourne eine rasante Verfolgungsjagd auf die andere folgt und die Story dabei zumindest teilweise auf der Strecke bleibt, inszeniert Tykwer bezeichnenderweise die einzige Verfolgung als Beschattung eines ruhig durch New York gehenden Killers.

Ein großer Showdown darf zwar nicht fehlen und allzu viel Glas geht bei dieser wilden Schießerei im New Yorker Guggenheim-Museum wohl zu Bruch, aber auch diese Szene ist nicht selbstzweckhaft und bringt zudem eine ebenso interessante wie witzige Wendung, dieses bei allem Ernst und aller Sachlichkeit auf trockenen Humor nicht ganz verzichtenden Thrillers.

So sehr Erzählweise und das Thema von der Machtlosigkeit des Individuums gegen vernetzte Organisationen an das US-Paranoia-Kino der 70er Jahre wie Alan J. Pakulas "Zeuge einer Verschwörung", Sydney Pollacks "Drei Tage des Condors" oder auch Francis Ford Coppolas "Der Dialog" erinnert, so sehr unterscheidet sich "The International" von diesen durch und durch amerikanischen Filmen durch seine globale Ausrichtung, spiegelt damit gleichzeitig aber auch die Entwicklung der letzten 30 Jahre.

Die Handlung spielt so folglich nicht mehr in einem Land, sondern führt Clive Owen und damit natürlich auch den Zuschauer von Berlin nach Lyon, nach Mailand, den Lago Iseo und New York und schließlich sogar nach Istanbul. Verbal kommt dabei auf der Handlungsebene zudem der Nahe Osten und – da erinnert man sich auch an ähnliche Thriller der letzten Jahre wie Sydney Pollacks "Die Dolmetscherin" oder Fernando Meirelles "Der ewige Gärtner" – Konflikte in afrikanischen Ländern ins Spiel.

So perfekt das aber auch inszeniert ist, richtig erwärmen kann man sich für diesen kühlen Thriller letztlich dennoch nicht ganz: Denn einerseits fehlt eben eine emotionale Komponente, da die Figuren zu wenig Profil gewinnen und die straffe Handlungsführung den Schauspielern auch keinen Raum lässt Charaktere zu entwickeln andererseits sind die Fronten zwischen Gut und Böse zu klar gezogen, gibt es keine Ambivalenzen.

Läuft ab Freitag in den Kinos