Die Feldkircher Galerie Sechzig gibt in ihrer aktuellen Ausstellung einen Einblick in das Schaffen des 1963 in Luzern geborene und in Chur lebenden und arbeitenden Künstlers Stefan Rüesch. Der Schweizer Acryl-Maler gehört zu jenen Kunstschaffenden unserer Zeit, die sich stilistisch gesehen zwar äußert schwer einordnen lassen, hingegen über einen einmaligen Wiederkennungswert verfügen. Hat man einmal ein Gemälde von Rüesch gesehen, die thematisch an die Tradition der Schweizer Landschaftsmalerei des ausgehenden 19. und 20. Jahrhundert anknüpfen, erkennt man in Zukunft alle weiteren. <
Inspiration findet Stefan Rüesch mitunter in den Werken Segantinis, Hodlers oder Giacomettis. Zwar verweist er mit seinem Werk auf die traditionelle Malerei, bricht aber gleichzeitig mit ihr, indem er sich auf eine völlig eigenständige komplexe konträre Weise mit Naturräumen auseinandersetzt.
Nähert man sich einem von dem eidgenössischen Künstler festgehaltenen Sehnsuchtsort, löst sich das harmonische Bild plötzlich in tausende Bildpunkte auf. Das aufmerksame Betrachterauge erkennt die Täuschung. Die Idylle verschwimmt zu einem geometrisch-abstrakten Bild, das bei genauer Betrachtung aus übereinander geschichteten, klar voneinander abgegrenzten monochromen Farbschichten besteht. Die anfängliche Harmonie zersplittert ruckartig zu einer unscharfen neutralen Pixel-Landschaft. Aus geringer Distanz erkennen wir, dass die Landschaftsbilder nicht aus einem durchgängigen Duktus, hingegen aus horizontalen und vertikalen Geraden, aus präzisen rechten Winkeln bestehen. Auf Rundungen und Schrägen wird komplett verzichtet. Rüesch beweist, dass Wolken und Sonnenuntergänge auch problemlos kantig sein können, ohne dabei an Wirkkraft einbüßen zu müssen. Ein stilistisches Mittel, welches sicherlich auch der Klarstellung dienen soll, dass die Welt zwar schön, aber gleichzeitig voller Höhen und Tiefen, voller Ecken und Kanten ist.
Rüesch`s Landschaften beziehen sich in der Regel zwar auf konkrete Orte, entsprechen jedoch eher Idealbildern als naturgetreuen Darstellungen. Jeder Baum, jedes Fenster, jede Schneeflocke muss am richtigen Ort platziert sein. Der Künstler überlässt beim Malen nichts dem Zufall. Fehler sind keine erlaubt. Er strebt nach makellosen Abbildern der Natur. In der Bestrebung, alles Überflüssige, Unschöne zu entfernen beziehungsweise das Wahrhafte nicht nachzuempfinden, sondern malerisch sogar zu überbieten, spiegelt sich der menschliche Eifer nach Vollkommenheit und der Drang nach einer perfekten Welt wider. Rüeschs Landschaften sind nicht organisch-wild gewachsen – so wie ihr natürliches Vorbild, sondern erinnern an verpixelte Computerbilder, sind technisch anmutend und zeugen von einem streng geometrischen Formenvokabular, einer minimalistischen Reduktion der Formen und einem akribisch komponierten Bildaufbau. Dies hält Rüesch jedoch nicht davon ab, unglaublich harmonische romantische Stimmungen zu konstruieren.
Stefan Rüesch: Flawless
Galerie Sechzig, Feldkirch
Bis 18.5.
Do, Fr 16-19, Sa 12-16
https://www.galeriesechzig.com