Kirsi Mikkola im CentrePasquArt

Das Kunsthaus CentrePasquArt präsentiert die erste institutionelle Einzelausstellung der in Berlin lebenden finnischen Künstlerin Kirsi Mikkola (*1959). Während der letzten Jahre konzentriert sich Mikkola auf eine ganz eigene Form von abstrakter Malerei. Statt Pinselstriche fügt sie unzählige bunte Papierstreifen und -felder zusammen, reiht sie aneinander oder überlagert sie.

Sowohl in den grossformatigen als auch in den kleinformatigen Bildern überschreitet Mikkola mit komplexen filigranen Strukturen und teilweise dissonanten Farben beständig ihre eigenen Grenzen. Sie selbst beschreibt ihre malerische Produktion nicht so sehr als einen Prozess, in dem es um die Erfassung und die Verfeinerung eines harmonisierten Ganzen geht, sondern als einen Akt konzentrierter Eruption.

Kirsi Mikkola beschäftigt sich seit Jahren auf unkonventionelle Art und Weise intensiv mit dem Medium der Malerei. Doch statt Pigmente direkt auf eine Oberfläche aufzutragen, überzieht die Künstlerin Papierbögen mit monochromer Farbe und zerschneidet diese, sodass sich ganz unterschiedliche Formen ergeben, von winzigen, streichholzgrossen Streifen bis hin zu ausgreifenden, unregelmässigen Formelementen. Anschliessend werden die verschiedenen Elemente zu farbintensiven Bildern zusammengefügt, wobei jegliche Art von Gegenständlichkeit vermieden wird.

So kommen die komplexen Strukturen der finnischen Künstlerin dem Ideal der Abstraktion als Ergebnis der Beseitigung aller referentiellen Elemente besonders nahe. Ihre Bilder verweisen auf nichts anderes als auf sich selbst, ja sie lösen nicht einmal Assoziationen, Vorstellungen oder Erinnerungen aus. Allenfalls kann man in Mikkolas Werk von der visuellen Darstellung von Kräften sprechen - Schwerkraft, Suspension, Gewicht, Bewegung - an sich abstrakte Begriffe, die eine Parallele in den Form- und Koloritbeziehungen der Farbe haben. Mit Hilfe letzterer werden die gängigen formalen Kennzeichen der abstrakten Malerei - leicht und schwer, Markierung und Leerstelle, gerade und gekrümmt, schnell und langsam - zumindest angedeutet.

Mikkola wehrt sich dagegen, ihre Werke in die Zwangsjacke des Begriffs "Collage" zu stecken, da dieser zu sehr mit dem Nebeneinander von Fragmenten gegenständlicher Bilder aus höchst unterschiedlichen Quellen assoziiert wird (etwa in den Werken von Richard Hamilton oder Hans Peter Feldmannl oder mit dem Prozess der Erzielung einer taktilen Oberflächenqualität. Der Begriff ist keine hinreichende Charakterisierung von Mikkolas Papierschichten, die kaum durch das traditionelle Bildgeviert eingedämmt werden können, weil sie sich über die normalen Grenzen zwischen dem Gegenstand des Bildes und dem Raum des Betrachters ergiessen. Würde man die Papierstücke in ihren Werken mit Farbe replizieren, würden sie an die Hard Edge-Malerei von Ellsworth Kelly oder Miriam Schapiro erinnern. Doch Mikkola fühlt sich viel stärker zum Werk Paul Klees hingezogen, das sich ebenfalls der Kategorisierung widersetzt.

In der Ausstellung werden sowohl grossformatige wie auch kleinformatige Bilder präsentiert. Während die Dimensionen der ersteren den Wänden von Mikkolas Atelier entsprechen, laden die dichten, hypnotischen Oberflächen der kleineren unweigerlich zu einer intimeren Begegnung ein. Doch nicht nur die grossen Bilder besitzen eine monumentale Gegenwärtigkeit; die kleineren Werke heischen nicht minder hartnäckig nach Aufmerksamkeit und wahren trotz ihres beschränkten Massstabs den expansiven und offenen Charakter ihrer allumfassenden Pendants. Mikkolas Farbpalette ist eigenwillig - schmuddeliges Violett, trübes Grün und eine Reihe weicher Grautöne und in jedem Werk wird sie auf einen Hauptton reduziert, der die Oberfläche als letztes darauf aufgebrachtes Papier besetzt. Diese Hauptfarbe hat häufig die Form eines Strahlenkranzes, der von der Mitte ausstrahlt - oder in sie hinein, je nach der Wahrnehmung der Betrachter - und die wirbelnde Masse kleinerer Formen darunter festhält.

Als Versuch, die Abstraktion neu zu definieren, ist Kirsi Mikkolas Werk am Rand der Malerei angesiedelt, jenseits der üblichen Vergleiche mit anderen Künstlern oder den vertrauten Verweisen auf die Wirklichkeit. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, leistet sie einen eindrucksvollen Beitrag zum Diskurs der Malerei, ja gerade zur Idee des Zeitgenössischen. Erfüllt von Erfahrung und Überzeugung sind die Werke von einer grossen Frische und Lebendigkeit und gleichzeitig Ausdruck der Einsicht, dass die faszinierendsten Kunstwerke eine innere Stille besitzen, die sich niemals völlig offenbart.

Kirsi Mikkola
1. Juli bis 26. August 2012