Katastrophenbilder und Zukunftsszenarien

Unsere Welt ist voller Bilder. Gerade in medial vermittelter Form begleiten sie uns täglich auf den Bildschirmen, die wir inzwischen immer mit uns tragen. Besonders dominant sind dabei Bilder von Gewalt und globalen Katastrophen, die sich in unserem kollektiven Gedächtnis tief verankern. Diese apokalyptischen Vorstellungen prägen uns heute genauso wie Endzeitvorstellungen seit jeher die Phantasie des Menschen beschäftigt haben.

Desaster und Katastrophen gehören zu den ältesten Themen in der Kunst, ihre Visualisierung war bereits Motiv der traditionellen Kunstgattungen und die Darstellungen der Apokalypse gehören zu den visionärsten Werken der Kunstgeschichte. Mit der Durchsetzung von Film und Fernsehen ist diese Aufgabe mehr und mehr in die Massenmedien übergegangen. Tatsächlich speist sich unsere Vorstellung von Katastrophen hauptsächlich aus der Berichterstattung in den Medien. Gleichzeitig sind wir nicht unbeeinflusst von der filmischen Darstellung, medialer Inszenierung und Ästhetisierung solcher Szenarien aus diversen Science Fiction- und Katastrophen-Filmproduktionen.

Der Begriff der "Katastrophe" wird in der täglichen Berichterstattung sowie in politischen Kontexten geradezu inflationär gebraucht, bleibt dabei jedoch meist unbestimmt. Heute erleben wir Katastrophen häufig als Medienereignisse live mit. Wir sind Bildern ausgesetzt, die uns zu Augenzeugen machen, schauen jedoch gleichzeitig aus sicherer Entfernung zu. Das provoziert ambivalente Gefühle und macht uns zu Voyeuren. Gleichzeitig betreibt unsere Gesellschaft durch Planspiele des "Worst Case Scenario" eine Fiktionalisierung unserer Zukunft, die auf unsere Gegenwart zurück wirkt.

In der Fiktion bekommt die latente, unfassbare Bedrohung eine konkrete und greifbare Form. Sie wird analysierbar und antizipierbar. Dennoch ist eine wesentliche Komponente für die Aufmerksamkeit des Betrachters das Gefühl von Angst. Katastrophische Fiktionen in den Wissenschaften, in Literatur, Kunst, Design und Film antizipieren mögliche Szenarien und zeigen damit latent vorhandene "Realitäten" einer möglichen Zukunft auf. Insofern können diese fiktiven Katastrophen auch als Reflexionsräume und Experimentierfelder für Visionen, (Anti)Utopien und Zukunftsszenarien unterschiedlichen Charakters verstanden werden.

Mit der Veranstaltungsreihe "Facts & Fiction" untersucht das Lenbachhaus, was die Menschen an der Darstellung und Wahrnehmung von Katastrophen fasziniert. Warum ist in der Gegenwartskunst – sei es im Hollywoodfilm, in der bildenden Kunst oder in der Literatur – die Katastrophe weit mehr von Interesse als eine Vision vom Glück? Mit der Präsentation von künstlerischen Arbeiten, mit Vorträgen, Filmvorführungen und Diskussionen wird das Thema vielfältig beleuchten. Was ist so ergreifend am Endzeitszenario? Worin genau liegt das Bedürfnis nach immer neuen apokalyptischen und postapokalyptischen Fiktionen begründet? Was genau macht die Faszination dieser gewaltigen, ästhetisch aufgeladenen Katastrophenszenarien und Naturschauspielen aus? Was wird in diesen Bildern sichtbar und was lässt sich nicht darstellen?


Katastrophenbilder und Zukunftsszenarien
19. Mai bis 13. September 2015