Kämpfen, aber letztlich scheitern: Die Welt des John Huston

1. Juni 2015 Walter Gasperi
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Im Gegensatz zu anderen Meistern des klassischen amerikanischen Kinos spezialisierte sich John Huston (1906 – 1987) auf kein bestimmtes Genre. Auch kennzeichnet kein signifikanter Stil seine Filme, eine Konstante ist aber das Motiv des Scheiterns und der Vergeblichkeit menschlichen Bemühens. Das Stadtkino Basel widmet dem Regisseur, Schauspieler und dem Alkohol zugeneigten Abenteurer derzeit eine Retrospektive.

Alle sind in John Hustons fulminantem Debüt "The Maltese Falcon" (1941) hinter einer wertvollen Statuette aus dem 16. Jahrhundert her. Doch am Ende erweist sich diese als Fälschung und der von Humphrey Bogart gespielte Sam Spade muss froh sein heil aus der Geschichte herauszukommen. Jeder ist sich in diesem Prototyp des Film noir selbst der nächste, rücksichtslos geht der wortkarge Detektiv seinen Weg.

Filmfiguren und eigene Biographie kommen bei Huston oft zur Deckung. Schon früh musste der am 5. August 1906 in Nevada, Missouri (laut IMDB, nach anderen Quellen: Nevada, Montana) als Sohn einer Journalistin und des Schauspielers Walter Huston geborene John sich selbst durchs Leben schlagen. Schon vier Jahre später verließ der Vater die Familie und der Junge pendelte zwischen den beiden Elternteilen hin und her.

Huston verdiente sich als Boxer seinen Lebensunterhalt, was in seinem Spätwerk "Fat City" (1972) Niederschlag fand, begann 1925 als Schauspieler in New York und übersiedelte bald nach Hollywood, wo er Drehbücher für William Wyler, Anatole Litvak, Raoul Walsh und Howard Hawks schrieb.

Wie der Protagonist von "African Queen" (1951) oder der Malcolm Lowry-Adaption "Under the Volcano" (1982) war er dem Alkohol nicht abgeneigt und liebte das Abenteuer wie die Goldsucher in "The Treasure of the Sierra Madre" (1948) oder die Deserteure in "The Man Who Would Be King" (1975). Weder sich noch sein Publikum wollte Huston langweilen und so führte er wie seine Filmfiguren kein ruhiges Leben.

Er liebte das Glückspiel, das Reiten und die Jagd, malte und schrieb, trat öffentlich gegen die Kommunistenjagd McCarthys auf, legte sich mit jedem an, der ihm in die Quere kam, ging auch einer Prügelei nicht aus dem Weg, war fünfmal verheiratet und hatte unzählige Geliebte. Wie er selbst müssen sich seine Filmhelden in der Aktion und im Kampf bestätigen und doch immer wieder die Erfahrung des Scheiterns machen.

Der Coup in "The Asphalt Jungle" (1950) mag noch so sorgfältig geplant sein und durchgeführt werden, der Traum vom großen Geld scheitert wie der Traum vom Gold in "The Treasure of the Sierra Madre" (1948) an Gier und Misstrauen innerhalb der Gruppe. Ein Defätist ist Huston dabei nie, denn seine Helden resignieren nicht, sondern bleiben ihrer Aufgabe treu und kämpfen wie Kapitän Ahab in der Verfilmung von Herman Melvilles großem Roman "Moby Dick" (1956) bis zum Ende.

Diese Disposition des Helden ist die Konstante in Hustons Werk, thematisch und stilistisch ordnete er sich dagegen der Vorlage unter. An der Bibel ("La Bibbia", 1965) versuchte er sich ebenso wie an der Biographie Freuds ("Freud", 1961), adaptierte mit "Night of the Iguana" (1963) ein Bühnenstück von Tennessee Williams, mit "The Mackintosh Man" (1973) einen Thriller von Alistair MacLean und mit seinem letzten Film "The Dead" (1987) eine Erzählung aus "The Dubliners" von James Joyce.

Auftragsarbeiten wie das Musical "Annie" (1982) oder den Fußball-Film "Escape to Victory" (1981), dessen Regie er teilweise per Telefon geführt haben soll, stehen persönliche Werke wie das teilweise fast dokumentarische Boxerdrama "Fat City" oder die lustvolle Mafiafilm-Persiflage "Prizzi´s Honor" (1985) gegenüber.

Ein Auf und Ab kennzeichnet Hustons Karriere, schon abgeschrieben wurde er in den 60er Jahren und überraschte dann doch wieder mit "Fat City" oder dem bewegenden Abschied "The Dead". Die Uraufführung dieses letzten Films bei den Filmfestspielen in Venedig erlebte Huston aber nicht mehr. Er starb am 28. August 1987 in New Port, Rhode Island.

Rede von John Huston anlässlich der Verleihung des AFI Life Achievement Award (1983)