Judith Fegerl - Self

Mit der Ausstellung "Self" von Judith Fegerl findet im Kunstraum Niederoesterreich – nach Kerstin Cmelka und Michael Höpfner – die dritte Einzelpräsentation einer niederösterreichischen Künstlerin statt. Judith Fegerl (*1977) hat dafür eine raumgreifende Arbeit konzipiert, die konsequent ihr Werk der letzten Jahre weiterführt, die Faktoren Raum und Architektur aber noch expliziter verhandelt als bisher.

Der Titel "Self" steht stellvertretend für die Künstlerin, die sich selbst mit einer Soloshow exponiert; für den Ausstellungsraum, der sich – von der Künstlerin entkleidet – ganz selbst zu behaupten hat und für den Rezipienten/die Rezipientin, der/die sich angesichts der vermeintlichen Leere im Raum auf sich selbst zurückgeworfen sieht.

Die Beschäftigung mit der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine zieht sich als roter Faden durch das bisherige Oeuvre der Künstlerin. Immer wieder arbeitet Judith Fegerl mit einer Kombination aus anorganischem und organischem Material und schafft dabei Konstruktionen in höchster technischer Perfektion. Ihre Skulpturen, denen sie mittels Elektrizität Leben einhaucht, formt sie in einer sehr persönlichen Ästhetik. Die bisherigen Arbeiten von Judith Fegerl können als in sich geschlossene, von Strom genährte hybride Einheiten verstanden werden. Ebendiese Materie "Strom", die für alle Arbeiten elementar ist, wird in der Arbeit "Self" in den Mittelpunkt gerückt.

Sie befreit den im Sinne eines White Cube absichtlich neutral gehaltenen Ausstellungsraum von allen Einbauten; verdeckte Fenster werden freigelegt, Zwischenwände abgerissen und Lichtschienen abgetrennt. Schnittstellen zur subkutanen Infrastruktur des Kunstraumes wie Daten- und Stromanschlüsse werden sichtbar gemacht: Die Drähte der Stromversorgung liegen blank. Alle internen Datenbahnen für Audio, Video und Internet verbindet Fegerl zu einem in sich geschlossenen System und zwingt damit gleichsam alle inhaltlichen Prozesse in eine unsichtbare Zirkulation.

Entblößt liegt der Kunstraum vor dem Betrachter/der Betrachterin, frei gemacht von den wesentlichen Voraussetzungen für einen modernen Ausstellungsraum wie künstlichem Licht, neutralen Hängeflächen oder Stromversorgung. Erst jetzt, seiner versorgenden Funktionalität entledigt, wird die unterdrückte Identität des Kunstraumes wieder sichtbar.

Fegerl zeigt den Kunstraum als architektonische und Energie liefernde Hülle für Kunstobjekte – wie ihre Mensch-Maschine-Einheiten, als einen Körper ohne Organe. "Self" ist damit gedankliche Grundlage und Voraussetzung für all ihre vorangegangenen Arbeiten. Für das Publikum wird der mit ungewohnter Radikalität exponierte Raum zum Ort der Begegnung mit der Künstlerin Judith Fegerl und gleichzeitig zum Ort der Konfrontation mit den eigenen eingefleischten Sehgewohnheiten.

Judith Fegerl, die 2008 den Kulturpreis des Landes Niederösterreich erhalten hat, ist bereits mit einigen herausragenden Arbeiten aufgefallen: In "Tension Object" (2006) lässt sie 400 000 Volt durch menschliches Haar fließen; "Galatean Heritage" (2007) produziert als eigens konstruierte Strickmaschine über Wochen hinweg autonom ein amorphes Wollobjekt. 2008 verwandelte Fegerl die Kunsthalle Wien im Museumsquartier mit der Arbeit "Simulating Intelligence" in ein denkendes Gebäude. Ab Mai 2010 wird ihre fassadengreifende Lichtinstallation "Nystagm" am Austrian Cultural Forum in New York zu sehen sein.

Judith Fegerl - Self
11. Juni bis 24. Juli 2010