John Sturges - Ein Meister des klassischen Western

2. August 2010 Walter Gasperi
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Mit "Die glorreichen Sieben" und "Gesprengte Ketten" landete der am 3. Juni 1911 in Illinois geborenen John Sturges seine größten Erfolge, seine besten Filme drehte er aber in den 50er Jahren mit schnörkellosen Western wie "Verrat in Fort Bravo", "Zwei rechnen ab" oder dem Post-Western "Stadt in Angst".

Eine Starriege von Steve McQueen über Horst Buchholz bis Charles Bronson, Elmer Bernsteins für den Oscar nominierte Musik und nicht zuletzt Kurosawas "Die sieben Samurai" als Vorbild ließen "The Magnificent Seven" 1960 zu einem Welterfolg im Kino, zu einem wichtigen Vorbild für den Italo-Western und seither zu einem Evergreen im Fernsehen werden. Mit "The Great Escape" (1963) konnte Sturges direkt daran anknüpfen, versammelte nochmals die teilweise gleichen Stars um von einem Ausbruch aus einem deutschen Kriegsgefangenenlager zu erzählen. Fast vier Jahrzehnte später werden sich Peter Lord und Nick Park bei "Chicken Run" reichlich von diesem Escape-Movie inspirieren lassen.

Doch ungeachtet dieser Welterfolge hatte John Sturges zu diesem Zeitpunkt die besten Filme seiner Karriere schon gedreht. Mit "Hour of the Gun – Die fünf Geächteten" (1967), in dem er die Geschichte des zehn Jahre zuvor entstandenen Klassikers "Gunfight at the OK Corral" (1957) weiterentwickelte, zeigte er zwar nochmals seine Meisterschaft, nicht daran anknüpfen konnte er mit seinen letzten Filmen "McQ" (1974) und "The Eagle Has Landed" (1976).

Nachdem Sturges als 21-jähriger nach Hollywood gegangen war, arbeitete er als Cutter und Produktionsassistent. Im Zweiten Weltkrieg war er Offizier der Luftwaffe und drehte über 40 Lehr- und Dokumentarfilme für das Air Corps. 1946 legte er mit "The Man Who Dared" sein Regiedebüt vor, 1949 drehte er mit "The Walking Hills – Treibsand" seinen ersten Western.

Studieren kann man das Kino des John Sturges an einem Film wie "Bad Day at Black Rock – Stadt in Angst" (1955): Ein einarmiger Fremder kommt mit dem Zug in eine abgelegene Kleinstadt. Seine Ankunft löst Misstrauen aus und auf seine Suche nach einem japanischen Farmer reagiert die Bevölkerung zunehmend mit Feindseligkeit. Als der Fremde die Wahrheit über den Verbleib des Japaners erfährt, versucht der die Stadt beherrschende Rancher ihn auszuschalten.

Eine knappe, kleine Geschichte ist das, lakonisch erzählt ohne Schnörkel und Extravaganzen – Klassisches amerikanisches Kino in Reinkultur. Unverzichtbar für diese Filme, ist der Raum, in die sie eingebettet sind, das triste Wüstenstädtchen in "Bad Day at Black Rock" ebenso wie die Westernstadt Tombstone in "Gunfight at the O.K, Corral" (1957). In einer Zeit, in der andere Regisseure wie Fred Zinnemann in "High Noon" (1952) oder George Stevens in "Shane" (1953) den Western mit politischem oder märchenhaftem Subtext unterfütterten, beschränkte sich Sturges darauf eine Geschichte – und teilweise auch immer wieder die gleiche Geschichte – zu erzählen.

Der Erzählrhythmus ist bedächtig. "In den Western, die ich meine geht es nicht so sehr um traditionelle ‚action’ und nicht darum, dass der Held sich pausenlos schlägt, zu viel Leidenschaft zerstört die latente Kraft", erklärte Sturges, der seinen Figuren immer Zeit zum Denken ließ. Spannung entwickelt sich so mehr aus den Personenkonstellationen, aus dem Aufeinandertreffen gegensätzlicher, differenziert gezeichneter und von Stars wie Spencer Tracy, Richard Widmark, Burt Lancaster oder Robert Ryan eindringlich gespielter Charaktere. – Nie war das Kino des 1992 gestorbenen John Sturges um Innovation bemüht, war schon zur Entstehungszeit klassisch und ist in diesem Klassizismus zeitlos und auch dann noch aktuell, wenn die spektakulären, aber hohlen Blockbuster der Gegenwart längst vergessen sind.