John Skoog. Värn

In seinen Foto-, Film- und Videoarbeiten verbindet John Skoog (* 1985, Kvidinge, Schweden, lebt in Frankfurt am Main) historische und alltagsgeschichtliche Recherche mit einer poetischen und fiktionalen Atmosphäre, die in der filmischen und literarischen Tradition der skandinavischen Moderne gründet. Auf der Art Basel wurde er für das Video "Reduit (Redoubt)" von 2014 mit dem Baloise Kunst-Preis in Höhe von 30.000 Schweizer Franken ausgezeichnet. Dieses Werk steht im Zentrum seiner Personale in Wien, die drei seiner filmischen Arbeiten unter dem Titel "Värn" (Abwehr) erstmals in Österreich vorstellt.

Der Künstler zeigt "Reduit (Redoubt)" eingebettet in eine Rauminstallation auf Ebene –2 des Museums. Im Mumok-Kino laufen parallel dazu die Filme "Sent på Jorden" (Spät auf Erden, 2011) und "Förår" (Vorfrühling, 2012). Gemeinsam bilden sie eine Trilogie, die nicht nur in der Natur spielt, sondern auch von ihrer ökonomischen Nutzung handelt. Zugleich zeichnet der Künstler ein Sittenbild gesellschaftlicher Verhältnisse, das mit Vorstellungen von Unschuld und Geborgenheit am Land aufräumt.

Im Zentrum der Ausstellung steht mit "Reduit (Redoubt)" von 2014 eine filmische Arbeit über das eigenwillige Verhalten eines Einzelnen als Spiegel zeitgeschichtlicher Ereignisse: Verortet in der Weite der südschwedischen Landschaft, kreist der Film um eine Hütte, die ihr bäuerlicher Besitzer Karl-Göran Persson aus Angst vor allfälligen russischen Angriffen im Gefolge des Kalten Krieges mit Sperrmüll in eine Festung und einen Zufluchtsort für sich und seine Nachbarn umbaute.

Der Ausstellungstitel "Värn" zitiert das von Persson mit derben Pinselzügen außen auf eine der Türen seines Hauses gemalte Wort, das im Ernstfall auch den Nachbarn den Weg ins schützende Innere weisen sollte. Es signalisiert also Schutz und Verteidigung im unmittelbaren Bedrohungsszenario. Zugleich verweist der Titel auch auf die Wahrung persönlicher Integrität und traditioneller Werte. Mitverantwortlich für dieses auf den ersten Blick anachronistische Verhalten Perssons waren staatlich verteilte Broschüren, in denen die schwedische Regierung unter dem Titel "Om kriget kommer" (Wenn der Krieg kommt) für den Fall einer sowjetischen Invasion über Jahre hinweg Ratschläge an die Bevölkerung ausgab.

Während sich die Struktur des Gebäudes aus der Perspektive einer Kamerafahrt über das schrundige Mauerwerk erschließt, hört man im Film Stimmen aus dem Off und erfährt dabei aus den Erzählungen von Nachbarn und Bekannten des Bauern Näheres über dessen Persönlichkeit. Im verwitterten Gemäuer kommen der Schrott und die sich darin manifestierende Angst ihres ehemaligen, 1975 verstorbenen Besitzers wieder zum Vorschein. Wenn die Kamera vom Gebäude weg in die Landschaft schwenkt, lässt sich auch deren Abgeschiedenheit und Weite ermessen.

"Reduit (Redoubt)" wird im Mumok als Rauminstallation gezeigt. Wiederverwertete und grob belassene Wandelemente sowie eine Bodenmarkierung, die den Grundriss der verfallenen Festung aufgreift, verweisen auf deren fragmentarischen Charakter. Eine Serie von Farbgrafiken, die sich von den Illustrationen der Broschüre Om kriget kommer herleitet, spielt auf die historische Verankerung von Perssons persönlicher Obsession an.

1985 in Kvidinge, Schweden, geboren. Lebt und arbeitet in Frankfurt am Main und Maglaby, Schweden. Von 2007 bis 2012 studierte er an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste, Städelschule, Frankfurt am Main, 2010 an der Malmö Art Academy und von 2005 bis 2006 an der Hochschule für Fotografie, Universität Göteborg.


John Skoog. Värn
Baloise Kunst-Preis 2014
26. Juni bis 27. September 2015