Japanische Tagträume

Die Ausstellung "Japanische Tagträume" präsentiert rund 30 Arbeiten von ausgewählten japanischen Fotografen aus der Sammlung des Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) und umreißt die Entwicklung der surreal-poetischen Fotografie in Japan zwischen den 1930er und den 1980er Jahren. In der Reihe "Die Sammlung Fotografie im Kontext" stellt das MKG Schwerpunkte der Sammlung Fotografie und neue Medien vor und ermöglicht fokussierte Einblicke in die umfangreichen Bestände. Das Haus konnte in den 1980er Jahren eine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer japanischer Fotografie aufbauen, die die historischen Reisefotografien aus dem fernen Osten und die Sammlung asiatischer Kunst spannungsvoll ergänzt.

Der Fokus dieser Sammlung von Fotografien aus Japan liegt auf der freien künstlerischen Arbeit mit dem Medium. Die für die Ausstellung ausgewählten Werke veranschaulichen, wie in Japan ein Amalgam aus den stilistischen Strömungen der internationalen Kunst und den einheimischen künstlerischen Traditionen entsteht. Ein frühes Beispiel sind die 1930 in der Dunkelkammer entstandenen Werke Kanbei Hanayas, die in ihren gegenstandslosen geometrischen Kompositionen Stilmittel des europäischen Konstruktivismus mit den Gestaltungsprinzipien der japanischen Kunst verbinden. Eine ganz unmittelbare Auseinandersetzung mit traditionellen japanischen Bildwerken findet sich in den Fotografien von Tahikiji Irie.

Irie beschäftigt sich seit den späten 1930er Jahren mit den Tempelanlagen seiner Geburtsstadt Nara, mit buddhistischen Skulpturen und den Puppen des Bunraku-Theaters. Seine Bilder verweisen auf die magisch-religiösen Wurzeln der japanischen Kultur, verraten in der Verlebendigung der Skulpturen und Puppen zugleich aber auch den Einfluss des Surrealismus. Nach traditioneller japanischer Kunstauffassung liegt die Qualität eines Werkes auch in seiner Subjektivität und Offenheit, in seiner Assoziationen weckenden Kraft. Dass vor diesem Hintergrund in Japan insbesondere die Kunst der Sur-realisten auf fruchtbaren Boden fällt, zeigt sich auch in den Bildern Shoji Uedas. In seiner um 1950 fotografierten Serie "Sand Dunes" versammelt er Frauen und Männer, die mit einfachen Gegenständen agieren und in rätselhaften Konstellationen den Bildraum wie eine Theaterbühne bevölkern. Die Gesten der Akteure erinnern an die rituelle Spiegelung des Lebens im Kabuki-Theater.

In der Nachfolge dieser um 1900 geborenen Fotografen hat die darauffolgende Generation von Künstlern seit den 1970er Jahren in ihren Bildern eine subjektive, poetische Bildsprache entwickelt, die auch als Reaktionen auf ein zunehmend unter Druck geratendes Alltags- und Berufsleben entstand. Hierzu zählen etwa die Stillleben Masamichi Haradas, insbeson-dere seine Serie von Fotografien beschlagener Fensterscheiben, die auf das ästhetische Konzept des Wabi-Sabi verweist, auf die Schönheit, die sich in der Hülle des Unscheinbaren verbirgt. Auch Toshio Shibatas Studien von Sandstrukturen folgen diesem Prinzip. Eine Erweiterung dieser "lyrischen" Fotografie um medienreflexive Ansätze findet sich in den Bildern des Künstlers Satoshi Saito, der fotografierte Wirklichkeitsausschnitte an dem Ort ihrer Entstehung in Szene setzt und refotografiert.

Mit Werken von Kanbei Hanaya, Masamichi Harada, Hiroki Nishiura, Satoshi Saito, Toshio Shibata, Irie Taikichi und Shoji Ueda


Japanische Tagträume
Die Sammlung Fotografie im Kontext
5. April bis 10. Juli 2016