But is it art, Emily?

4. Juni 2007 Kurt Bracharz
Bildteil

Derzeit erscheinen auffällig viele Bücher zum Thema, woran man »gute Kunst« erkennen könne, zum Beispiel (eher zynisch) »Das kann ich auch!« von Christian Saehrendt und Steen T. Kittl oder (eher treuherzig) »Was ist gute Kunst?«, hrsg. von Wolfram Völcker. Anscheinend ist die Frage jetzt dringlich geworden, sei es, weil dieses Jahr sowohl die Biennale Venedig als auch die documenta in Kassel ins Haus stehen, sei es vielleicht auch, weil das Angebot an »Kunst«, die immer mehr Menschen dubios vorkommt, unüberschaubar angeschwollen ist.

Außerdem scheint die Zeit vorüber zu sein, in der die angeblichen Auguren mit einer Anspielung auf den Nazi-Begriff »entartete Kunst« auch den zum Schweigen bringen konnten, der nur beispielsweise die Bilder von Julian Schnabel für Sperrmüll hielt. Kann man jetzt plötzlich wieder diskutieren? Ist es »denkmöglich« geworden, dass auf dem aktuellen Kunstmarkt viel mehr Plunder als Substantielles umgeschlagen wird?

Ein in der Schweiz sehr bekannter chinesischer Künstler namens Ai Weiwei bringt 1001 Chinesen nach Kassel, die sich dort die documenta ansehen müssen (dürfen, sollen). Die Leute kommen teilweise vom Land und waren vorher noch nie auch nur in der nächsten Provinzhauptstadt. Natürlich kommen sie alle sehr gerne, möglicherweise werden sie auch von der documenta und von Kassel nicht enttäuscht sein. Die Idee (wenn man das so nennen will) scheint mir trotzdem recht schwach.

Über Chinesen in der EU gäbe es schon einiges nachzudenken, sei es über das chinesische Textilarbeiterghetto von Parma, sei es über die Teilung des neapolitanischen Hafens zwischen China und Camorra. Ein paar Landeier in eine deutsche Mittelstadt zu einer vermutlich öden Kunstschau zu schicken, dürfte wenig Einsichten auslösen, bei wem auch immer. Ob man das Kunst nenne, was er mache, interessiere ihn nicht, sagt Ai Weiwei. Das Paradoxon dabei ist, dass es natürlich nur als »Kunst« machbar ist, sonst hätten keine Stiftungen dafür fünf Millionen Franken aufgebracht.