Das 21. Internationale Film Festival Innsbruck erlaubt wie jedes Jahr Blicke auf fremde Länder, die im täglichen Kinoprogramm kaum präsent sind. Während der Franzose Fabien Gaillard in seinem Spielfilmdebüt "Lao Wai" die Brüche und den Umbruch in China zeigt, widmet sich der Kameruner Jean-Marie Teno in seinem Dokumentarfilm "Lieux Saints" einem Cine-Club in einem alten Viertel von Ouagadougou.
Auf persönliche Erfahrungen konnte Fabien Gaillard bei seinem ersten Spielfilm zurückgreifen, lebt der Franzose doch selbst seit acht Jahren in Shanghai. Die Liebe zu einer Chinesin hat ihn dorthin verschlagen. Eine Liebesgeschichte steht auch im Mittelpunkt von "Lao Wei". Der titelgebende Fremde ist der französische Computerexperte Paul, der sich in Shanghai in die einheimische Chinesischlehrerin Mei verliebt.
Sehr schematisch buchstabiert Gaillard die Stationen dieser Geschichte bis zu Eifersucht und vorübergehender Trennung durch, verknüpft die private Geschichte aber immerhin mit einem Blick auf die Umbrüche in China. Denn Paul reist Mei zu ihren Eltern in die am Yangtse gelegene Provinzstadt Wuhan nach und unternimmt alles um ihr Herz und das ihrer Familie zurück zu erobern.
So treffen hier nicht nur eine moderne Großstadt mit Skyline und Stadtautobahnen auf eine Stadt mit einem alten Markt mit Garküchen und Straßenmusikanten, sondern auch Single-Leben auf traditionelle Großfamilie. Wie die Story an sich ist allerdings auch dieser Gegensatz schulbuchmäßig abgehandelt. Steril bleiben die aufgeräumt wirkenden Bilder, Atmosphäre will hier nie aufkommen, zum Nachdenken anregen vermag "Lao Wie" dennoch - auch aufgrund der Tatsache, dass es den alten Markt, den Gaillard zeigt, inzwischen nicht mehr gibt, einem Neubauprojekt zum Opfer gefallen ist.
Einen Flecken wie diesen alten Markt hat Jean-Marie Teno, der schon mehrfach Gast beim IFFI war, auch in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, ausfindig gemacht. Unberührt von der wild wuchernden Modernisierung ist das Viertel Saint Leon, das zwischen der Kathedrale und der Moschee liegt, bislang geblieben.
Während die offiziellen Kinos aufgrund der ökomischen Situation der Reihe nach schlossen, betreibt hier ein Instrumentenbauer in einem alten Gebäude gewissermaßen im Untergrund einen Cine-Club. In diesem sehen die Einheimischen über VHS und DVD auf kleinem Fernsehschirm nicht nur Action- und Karatefilme, sowie die Frauen Bollywoodfilme, sondern dann und wann auch einen afrikanischen Film.
Ausgehend vom Porträt dieses Viertels, seiner Bewohner und des Cine-Clubs reflektiert Teno in seinem Dokumentarfilm "Lieux Saints – Sacred Places" über das afrikanische Filmemachen und die Kinosituation in Afrika, denkt über die Bezüge zwischen der mündlichen Erzähltradition der Griot und dem Kino nach und fragt nach der Relevanz des afrikanischen Films für das afrikanische Publikum. Ob der große Traum des Betreibers des Cine-Clubs von einem großen Flatscreen, der einen ganz anderen Filmgenuss als der kleine Fernseher böte, sich erfüllt lässt Teno ebenso offen, wie die anderen Fragen, die er aufwirft.