Hollywood Blacklist: Hexenjagd im Hollywood der 1940er und 1950er Jahre

"Are you now or have you ever been Member of the Communist Party?" – Die Beantwortung dieser Frage entschied in den späten 1940er und 1950er Jahren über die berufliche Zukunft des vorgeladenen Zeugen. Zuständig für die Ermittlung war das 1938 eingesetzte "House Committee on Unamerican Activities" (HUAC), geschürt wurde die Kommunistenjagd vor allem von Senator Joseph McCarthy. - Das Filmpodium Zürich widmet den in dieser Zeit verfolgten und mit Arbeitsverbot belegten Regisseuren und Drehbuchautoren eine Filmreihe.

In den 1930er Jahren und während des Zweiten Weltkriegs sympathisierten viele amerikanische Künstler mit dem Kommunismus. Einen gewissen Freiraum genossen Filmschaffende in dieser Zeit, doch allein der Titel "Tender Comrade" ("Zärtliche Genossin"), in dem Edward Dmytryk und Dalton Trumbo 1943 von drei Frauen erzählten, die während der Kriegszeit in einer Fabrik arbeiten und in ihre gemeinsame Wohnung eine aus Nazi-Deutschland geflohene Frau als Haushälterin aufnehmen, wurde Regisseur und Drehbuchautor wenige Jahre später zum Verhängnis.

Vor Hitler-Kritik schreckte Hollywood dagegen lange zurück. Eine der frühen Ausnahmen bildet Irving Pichels "The Man I Married" (1940), in dem Deutschland als Polizeistaat gezeichnet wird, in dem Dissidenten in Konzentrationslager gesperrt werden. Auch scharfe Kritik am Kapitalismus war in dieser Zeit noch möglich, wie William K. Howards unabhängige Produktion "Back Door to Heaven" (1939) zeigt, in dem soziale Ungerechtigkeit einen Mann aus ärmlichen Verhältnissen in die Kriminalität treibt.

Ein kämpferischer linker Dokumentarfilm wie "Native Land" (1942), in dem Leo T. Hurwitz und Paul Strand von den Anfängen der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung erzählen, konnte freilich auch in dieser Zeit nur abseits von Hollywood entstehen.

Mit Beginn des Kalten Kriegs, in dem der vorige Kriegsverbündete Sowjetunion zum Feindbild wurde, wurde aber gegen solche Filme und deren Schöpfer scharf vorgegangen. Eigentlich war ja geplant den schon 1938 gegründeten HUAC aufgrund vielfacher Kritik 1945 aufzulösen, doch stattdessen gelang es dem Demokraten John E. Rankin ihn zu einem ständigen Ausschuss umzuwandeln.

Untersucht wurde vom HUAC besonders die Infiltration der amerikanischen Gesellschaft durch Kommunisten in der Filmindustrie, im Theater, Schulen, Universitäten, Gewerkschaften und Armee. Hauptsächlich aktiv war dieser Ausschuss des amerikanischen Repräsentantenhauses in den ersten Jahren des Kalten Krieges. Rechtsextreme Gruppierungen wurden dagegen nicht verfolgt und konnten mehr oder weniger offen ihren Aktivitäten nachgehen.

Nachdem die offen sowjetfreundliche Haltung Charlie Chaplins Aufsehen erregt hatte, wurden die Hollywoodstudios durchforstet, um "linke" Kräfte auszuforschen und auszuschalten. Loyalitätsbekundungen mussten abgegeben und Kollegen denunziert werden. Zu den besonders aussagefreudigen Hollywoodgrößen gehörten die Schauspieler Adolphe Menjou, Robert Taylor, Ronald Reagan und Gary Cooper sowie der Produzent Jack Warner, dessen Studio zuvor entschieden für die Allianz mit der Sowjetunion eingetreten war. Elia Kazan machte dagegen eine Pro-forma-Aussage, nachdem er sich des Einverständnisses seiner Freunde versichert hatte.

Im Verlauf der "Hollywood Hearings" 1947 wurden die so genannten "Hollywood Ten" wegen Missachtung des Kongresses zu Gefängnisstrafen verurteilt. Ihr Vergehen bestand darin keine Auskunft über ihre politische Gesinnung zu geben. Die bekanntesten Verurteilten waren die Drehbuchautoren Dalton Trumbo und Ring Lardner jr., der Regisseur Edward Dmytryk und der Regisseur und Drehbuchautor Herbert J. Biberman. – Dmytryk rettete später seine Karriere, indem er dem Kommunismus öffentlich abschwor und andere Personen denunzierte.

Bei der Verweigerung der Aussage beriefen sich die "Hollywood Ten" auf den ersten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung, der die Freiheit der politischen und weltanschaulichen Meinung und das Recht auf Geheimhaltung schützt. In Anlehnung an diesen Artikel gründeten John Huston, William Wyler und andere das "Committee for the First Amendment" und protestierten gegen das Treiben des HUAC, blieben damit aber erfolglos.

Zahlreiche Personen wurden aus unerfindlichen Gründen auf schwarze Listen gesetzt und fristlos entlassen. Andere wie Robert Rossen, Carl Foreman, Joseph Losey oder Dalton Trumbo mussten unter Pseudonymen arbeiten oder emigrieren. Die ausländische Filmindustrie folgte jedoch, da sie von Amerika abhing, vielfach dem Boykott.

War in der Frühphase noch offene Sozialkritik möglich, so war dies später nur verdeckt möglich. Eindrückliches Zeugnis von sozialem Engagement ist beispielsweise Edward Dmytryks in England gedrehter "Give Us This Day" (1949). Im Mittelpunkt steht darin ein italo-amerikanischer Bauarbeiter, der hautnah die Not der Weltwirtschaftskrise erfährt.

Schon die Thematisierung von Arbeitslosigkeit führte zu Berufsverboten wie John Berrys "From This Day Forward" (1946) oder Cy Enfields "The Sound of Fury" (1951)zeigen. Zu einem Angriff auf die amerikanische Konsumkultur nützte dagegen Joseph Losey sein Remake von Fritz Langs "M" (1951), in dem er den Kindermörder als Produkt dieser Gesellschaft darstellte.

Scharf mit dem Kapitalismus rechnete auch Abraham Polonsky in "Force of Evil" (1948) ab, in dem er Kapitalismus mit Kriminalität gleichsetzte. 21 Jahre lang konnte Polonsky nach diesem Debüt keinen Film mehr drehen, erst 1969 entstand als Zweitling sein Western "Tell Them Willie Boy Is Here".

Die Aktivitäten des HUAC zogen sich bis in die 1960er Jahre hinein, McCarthy selbst wurde aber schon 1954 entmachtet. Als er die US-Armee auf kommunistische Unterwanderung durchleuchtete und den hoch dekorierten General Ralph W. Zwicker medienwirksam diffamierte, brachte er den Senat gegen sich auf und seine Befugnisse wurden beschnitten.

Schon während der McCarthy-Ära übten Schriftsteller und Filmemacher in historischem oder futuristischem Gewand Kritik an dieser Kommunistenjagd. Arthur Millers Drama "Hexenjagd" (1953) verpackt die Aktionen des Senators von Wisconsin in Hexenprozesse im 17. Jahrhundert und macht deutlich, dass Verfolgungen dieser Art jederzeit und überall passieren können. Auch Ray Bradbury reflektiert in "Fahrenheit 451" (1953) die Erfahrungen des "McCarthyism".

Im Kino legte Carl Foreman das Drehbuch von "High Noon" (1952) bewusst als Kommentar zur McCarthy-Hysterie an, was zum Berufsverbot und zur Emigration nach England führte. Schon durch den Namen der verbrecherischen Hauptfigur McCarthy auf die gesellschaftlichen Strömungen angespielt wird auch in Allan Dwans Western "Silver Lode" (1954).

Als Parabel sowohl auf die Paranoia der McCarthy-Ära als auch auf die Gefährdung der USA durch den Kommunismus kann auch Don Siegels brillanter Science-Fiction-Thriller "The Invasion of the Body Snatchers" (1956) gelesen werden und auch im revolutionären Gestus von Dalton Trumbos Drehbuch zu Stanley Kubricks "Spartacus" (1960) kann eine Kritik an der amerikanischen Kommunistenjagd gesehen werden.

Konkret angesprochen wurde der "McCarthyism" im US-Kino aber erst in den 1970er Jahren wie in Martin Ritts "The Front" ("Der Strohmann", 1975), in dem ein Kassierer einem auf der schwarzen Liste stehenden Schriftsteller seinen Namen leiht und so zum begehrten Fernsehautor aufsteigt. Beinahe gleichzeitig entstand David Halperns Dokumentarfilm über die Auswirkungen der Hexenjagd auf Hollywood ("Hollywood on Trial", 1976).

Wird hier Historisches dokumentiert oder interpretiert, so arbeitet George Clooney in "Good Night, and Good Luck" (2005) ganz im Stile von Arthur Millers Drama "Hexenjagd" die Aktualität der Ereignisse heraus: Clooney erzählt von McCarthy und einem Journalisten, der sich vom Senator nicht einschüchtern lässt, und meint die Politik und die die Freiheit einschränkenden Gesetze von George W. Bush.

Jay Roach setzte dagegen in "Trumbo" (2015) nicht nur dem legendären Drehbuchautor Dalton Trumbo ein Denkmal, sondern arbeitete auch plastisch heraus, wie sich das Arbeitsverbot auf sein Leben auswirkte und wie er es umgehen konnte. Und Wolf-Eckhart Bühler blickte schon 1983 in "Der Havarist" auf das Leben des Schauspielers Sterling Hayden, der sich zwar der kommunistischen Partei anschloss, aber als er auf McCarthys "Schwarze Liste" kam, um seine Karriere zu retten, seine kommunistisch gesinnten Kollegen verriet.

"Hollywood Blacklist" - Anhörung vor dem HUAC (4 min.)