"Happy New Year" und "Home" führen Nominationen für Schweizer Filmpreis an

24. Januar 2009
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Wurde der Schweizer Filmpreis bislang bei den Solothurner Filmtagen vergeben, so findet heuer die Verleihung erst am 7. März im Rahmen einer vom Fernsehen live übertragenen Gala in Luzern statt. In Solothurn wurden aber die nominierten Filme bekannt gegeben. Angeführt wird die Liste von Christoph Schaubs Komödie "Happy New Year" mit vier und Ursula Meiers skurrilem Familienfilm "Home" mit drei Nominierungen.

Dass die Nominationen gerade mal einen Tag nach den Oscar-Nominierungen bekannt gegeben wurden, kann kein Zufall sein. Noch näher will man dem großen amerikanischen Vorbild kommen und auch die Vorgangsweise wird immer mehr der in Hollywood angeglichen. Denn die Nominationen werden seit heuer durch Wahl der letzten Sommer gegründeten und 250 Mitglieder umfassenden Schweizer Filmakademie (http://www.filmakademie.ch/) bestimmt.

Auffallend ist bei den Nominationen zunächst einmal die Ausgewogenheit zwischen Deutsch- und Welschschweiz. In der Kategorie "Bester Spielfilm" stehen drei Filme aus dem westlichen Landesteil zwei aus der Deutschschweiz gegenüber, in der Kategorie bester Dokumentarfilm sind beide Regionen mit je zwei Filmen vertreten, eine Nomination geht an "Giu le mani" aus dem italienischen Teil.

Auffallend ist dann auch, dass die leichte Komödie "Happy New Year", in der Christoph Schaub mehrere Episoden aus einer Silvesternacht erzählt am meisten Nominationen auf sich verbuchen kann. Künstlerisch überzeugender ist da schon "Home", in dem Ursula Meier wunderbar trocken ihre höchst skurrile Geschichte von einer an einer nie fertig gestellten Autobahn lebenden Familie erzählt, die sich auch durch Inbetriebnahme der Strecke nicht vertreiben lässt. Das Leben ändert sich zwar etwas, doch abgeschottet von der äußeren Welt und auf den inneren Zusammenhalt vertrauend lebt man weiter. Mit Isabelle Huppert und Olivier Gourmet hervorragend besetzt und die ungewöhnliche Ausgangssituation konsequent weiterentwickelnd unterhält "Home" nicht nur bestens, sondern regt durch die inhaltliche Frische auch zum Nachdenken an.

Ein schöner kleiner Film ist auch Vincent Pluss "Du bruit dans la tete", in dem der Westschweizer einfühlsam die Verlorenheit und die Sehnsucht nach Nähe seiner vier Protagonisten schildert. Da Pluss aber immer wieder von einer Figur zur nächsten springt, statt auf eine zu fokussieren, verliert der die Sehnsüchte, Träume und Fantasien der Protagonisten überzeugend in kurzen Einschnipseln visualisierende Film etwas an Dichte. Während Lionel Baier mit seinem in bestechendem Schwarzweiß gefilmten "Un autre homme" ebenso eine liebevolle Hommage ans Kino, vor allem an die Filme Truffauts, wie eine Abrechnung mit naiven Aufsteigern gelang, kam die ebenfalls in der Kategorie "Bester Spielfilm" nominierte Swiss-Bollywood-Komödie "Tandoori-Love" im Vorfeld bei der Kritik nicht so gut weg.

Bei den Dokumentarfilmen dürften unter den fünf Nominierten Fernand Melgars "La Forteresse" und Fanny Bräunings „No More Smoke Signals“ das Rennen unter sich ausmachen. Und echte Kabinettstückchen wurden auch im Bereich Kurzfilm nominiert. In Marc Schipperts "Gehrig kommt" setzt beispielsweise ein biederer Schweizer alles daran um verhindern zu können seinen Nachbarn Gehrig im Schutzkeller aufnehmen zu müssen - ein Unterfangen, das nicht nur seinen Hund das Leben kostet. Wie Schippert hier die Schraube der Geschichte sukzessive weiterdreht, so ist Georges Schwizgebels Trickfilm "Retouches" ein einziger wunderbar rhythmischer Rausch der Bewegung und der Veränderung, bei dem sich eine Welle in auf die Windschutzscheibe prasselnden Regen, der Regen in Schneeflocken und eine Autostraße in eine Stiege, die ein Mensch hinaufsteigt, die Stiege in einen Hindernislauf und der Mensch immer wieder in einen Vogel, ein Tennisspiel in Volleyball und die Spieler in Blätter verwandeln.