Gute Reise!

15. August 2012 Rosemarie Schmitt
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Cavalier’s Tour, so nannte man jene Bildungsreisen seit der Renaissance, die zunächst ausschließlich den jungen Männern vorbehalten waren. Sie dienten sicherlich nicht einzig der kulturellen Bildung, und das ein oder andere Kavaliersdelikt gehörte gewiß zum Programm. Ja, damals reiste man nicht in ferne Länder um sich die Sonne sonstwo hin scheinen zu lassen und billigen Wein mit Halmen aus Plastikeimern zu trinken. Nix Internet, Radio oder Fernseher, keine Volkshochschulkurse, kein Französisch für Anfänger oder Türkisch für Deutsche.

Wer wissen wollte (www.), und es sich leisten konnte, wer sich vervollkommnen wollte, oder nichts zu verlieren hatte, der reiste. Man vertiefte seine Sprachkenntnisse, besuchte und entdeckte Baudenkmäler, lernte fremde Sitten und Manieren kennen. Dem Zeitalter der Renaissance folgte das des Barock. Und weil es zum "guten Ton" gehörte, machten sich eben zu jener Zeit auch etliche Musiker und Komponisten auf den Weg quer durch Europa. Sie tauschten sich aus, lehnten an, ahmten nach, imitierten frech, und machten aus Abgekupfertem musikalisches Gold.

Nun stellen Sie sich vor, just wo ich Ihnen darüber erzähle, erscheint doch tatsächlich, wie auf einem Zufall beruhend, eine neue CD des Labels Berlin-Classics (Vertrieb: EDEL-Kultur) mit dem Titel "A Cavalier’s Tour"! Das Ensemble Concerto Grosso Berlin lädt Sie zu einer Reise durch das barocke Europa ein. Keine Begeisterung, wenig Interesse, nichts Neues? Sie glauben, dies alles bereits gehört zu haben? Sind Sie sicher? Sie haben also schon einmal die Ouvertüre in g-Moll für 2 Oboen, Fagott, Streicher und Basso Continuo des schwedischen Komponisten Johan Helmich Roman gehört?

Dann kennen Sie sicherlich auch die Sinfonia D-Dur für 2 Violinen, Viola und B.c. des Portugiesen Pedro António Avondano und die Sonate C-Dur für 2 Celli op. 24 des französischen Compositeurs Michel Corrette (das ist jener, der auch das Konzert für Drehleier und Orchester op.3 nr.4 schrieb, aber das wissen Sie ja). Auf "Cavalier’s Tour" war das Ensemble mit Johann Joseph Fux, Antonio Vivaldi, Willem de Fesch, Georg Philipp Telemann, Georg Friedrich Händel, und den vorhin genannten Komponisten. Als ganz besonderes Schmankerl gibt es die wundervolle Klage-Arie "Tristes apprêts" aus Jean Philippe Rameau’s Oper "Castor et Pollux", hinreißend interpretiert von der Sopranistin Marie Friederike Schöder.

Ich kannte durchaus nicht alle Titel dieser CD. Da ich, wie man weiß, barocke Klänge ganz besonders mag und auf jede Veröffentlichung gespannt bin, die sich dieser Epoche widmet, freue ich mich ganz besonders darüber, Neues zu entdecken. Die Mitglieder des Concerto Grosso Berlin sind Spezialisten für Alte Musik, und in diesem Fall eben auch für neue Alte Musik. Diese "Cavalier’s Tour" ist eine ansprechende, gefällige und unterhaltsame musikalische Reise, ein bunter Reigen unterschiedlicher Kompositionen, die Europa verbindet. Musiker brachten von jeher zustande, woran Politiker kontinuierlich zu scheitern wissen.

Sollten Sie nicht an der folgenden Frage scheitern, und die Antwort an klassik@habmalnefrage.de senden, lade ich Sie zu meiner "Cavalier’s Tour" ein. Wo wurde Marie Friederike Schöder geboren?

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt