Grand Voyage

20. Juli 2011 Rosemarie Schmitt
Bildteil

Es war die bisher größte, und auch eindrucksvollste Reise, die ich innerhalb von nur drei Stunden unternommen habe. Istanbul, Caeserea, Mexico City, Bakhchysarai (sprich und lächle: Backschießerei) auf der ukrainischen Halbinsel Krim, Korsika, Ungarn, Amerika, England, das Baltikum, Antakya an der türkisch-syrischen Grenze, Griechenland, überall dort hin führte mich diese Reise und noch viel viel weiter (was mir bewußt wurde, als ich längst wieder zuhause war).

In meinem Beitrag vom 30. März versprach ich Ihnen zu erzählen, wie es gewesen sein wird, das Konzert der Gruppe Quadro Nuevo, und ich pflege meine Versprechen zu halten.

"Grand Voyage", das ist viel mehr als nur der Titel des aktuellen Albums von Quadro Nuevo, es ist eine Einladung gemeinsam von und mit Didi Lowka, Mulo Francel, Evelyn Huber und Andreas Hinterseher zu einem Kurzurlaub, so emotional, intensiv und ereignisreich Sie es sich nur vorstellen können. Alles, was man sich vorzustellen vermag, ist auch real, wenn Sie es möchten.

Quadro Nuevo bedeutet nicht etwa "die vier Neuen", dies wäre der Fall, hätten sie sich bei der Namengebung einer einzigen Sprache bedient, doch das ist nicht ihr Ding. Sie entschieden sich für Quadro (ital.: Bild) und Nuevo (span.: neu). Ein neues Bild also, und eines, das ganz gerne aus dem Rahmen fällt. So fällt es mir nicht leicht, ihre Musik einem Genre zuzuordnen. Sowohl diese außergewöhnlichen Menschen als auch deren Musik passen in keine der vorhandenen Schubladen. Weltmusik? Folklore? Jazz? Musik mit Migrationshintergrund etwa? Dies alles paßt, aber trifft es nicht. Also muß ein neues Schubfach her, auf das in großen Lettern geschrieben steht: "Life-Music"! Musik fürs und vom Leben eben! Apropos Leben, das Ensemble Quadro Nuevo erhielt den "Echo"-Jazz-Preis als Live-Act des Jahres 2011! Und das sowas von zu Recht, denn live (engl.) bedeutet leben, und das trifft es ganz genau!

Voller Leben empfinde ich ihre Musik und auch sie selbst. Sie erzählen mit ihren Instrumenten wundervolle, heitere, traurige, spannende und geistreiche Geschichten aus dem Leben (auch aus dem der Anderen, was die Einen doch stets besonders interessiert). Äußerst charmant und ausgezeichnet versteht es Mulo Francel zu plaudern und zu unterhalten, wenn er die Konzerte moderiert. Über die Erfahrungen der ersten Konzerte sagt Francel: "Zuerst hatten wir Angst, aber dann war alles viel schöner!" So haben alle vier Mitglieder von Quadro Nuevo einen ganz besonderen Charme. Einen Charme, den sie geschafft haben sich zu bewahren, trotz der weit mehr als 2000 Konzerte, die sie bisher gaben, trotz der zahlreichen Auszeichnungen und der Berühmtheit (sie werden dies nicht gerne lesen wollen, aber so ist es nun mal, sie sind berühmt), die sie sich "erspielten" und verdienten.

Bei jedem ihrer Konzerte fühle ich mich wohl und zuhause, ganz gleich wie viele Kilometer ich von meinem Daheim weg bin. Es ist, als ob Freunde für mich musizieren, mit mir plaudern, mal wieder Hallo sagen, fragen, wie es mir geht und erzählen, was es so Neues in ihrem Leben gibt. Wenn Sie alles andere ringsumher vergessen, weder an Kontoauszüge, noch an den vorherigen oder kommenden Arbeitstag denken, wenn die Masern der Kinder verblassen, die Steuererklärung das Unwichtigste überhaupt ist, wenn Sie nicht daran zweifeln, sich auf einer "Reise nach Batumi" zu befinden und sie lachen mit einem kleinen Jungen in Antakya während einer Bootsfahrt auf dem Lethe – der Fluss des Vergessens -, dann erleben Sie wahrhaftig ein Konzert der "Grand-Voyage-Tour" von Quadro Nuevo.

Seit dem Konzert am 9. Juli in Saarburg (im herrlichen Ambiente der Burganlage) besitze ich nicht nur eine weitere CD (GLM Music) von Quadro Nuevo sondern auch deren Buch "Grand Voyage" (Rosenheimer Verlagshaus), ein Roadbook, so steht darauf geschrieben, solle es sein, doch dies trifft es nicht annähernd. Am Tag nach dem Konzert nahm ich es zur Hand und legte es nicht mehr beiseite, bevor ich es bis zum Ende gelesen hatte. Ein Tage- und Bilderbuch, spannend und unterhaltsam wie ein Roman, alles ist wahr -selbst das Erfundene-, einiges ist zutiefst traurig, anderes amüsant, manches bereits Geschichte oder auf dem Weg dorthin. Die vier schrieben diese "Auto-Biografie" (Ferdinand, so der Name ihres Ford Transit) während ihrer unzähligen Reisen auf der Suche und dem Finden von Musik und Menschen. Sie, liebe Leser, finden, wenn Sie suchen bei http://www.quadronuevo.de.

Möge es Ihnen vergönnt sein, eine dieser Reisen mit Quadro Nuevo zu erleben!
Bon Voyage!

Herzlichst
Ihre Rosemarie Schmitt