Gotthard Graubner. Gespräch mit Josef Albers

Gotthard Graubner (geb. 1930 in Erlbach im Vogtland) gehört seit langem zu den herausragenden Vertretern einer Malerei, die sich zuvorderst auf die Ausdrucksmöglichkeiten der Farbe stützt – so wie man es auch über die Bilder von Josef Albers sagen kann. Mit der Ausstellung "Gotthard Graubner. Gespräch mit Josef Albers" wird nun ein lange geplantes Vorhaben verwirklicht, das die Arbeiten beider Künstler einander gegenüberstellt, um im Dialog deren individuelle Konzepte zu klären.

Die Ausstellung ordnet sich damit ein in die Reihe Albers im Kontext, die in den vergangenen Jahren solche Künstler wie Agnes Martin, Giorgio Morandi, Sol LeWitt, Donald Judd oder Ad Reinhardt gemeinsam mit Josef Albers vorstellte.

Gotthard Graubner und Josef Albers verstehen beide ihre Malerei als ein faszinierendes Gespräch der Farben. Es gilt, was Albers einmal für sich feststellte: "Zwei Farben nebeneinander zu stellen, versetzt mich in höchste Erregung." Alle Ebenen der Bilder – wie die Form, der Raum, die Bewegung und das Licht – entstehen aus der Organisation der Farbe.

Die Ausstellung zeigt eine Auswahl von 32 Gemälden Graubners aus mehr als fünfzig Jahren. Sie mündet in fünf großformatige helle Werke, mit kaum kontrastierenden Farben, die der Maler in den vergangenen Monaten eigens für den Oberlichtsaal des Albers Museums geschaffen hat. Ihnen zur Seite stehen eine Reihe ausgesuchter Gemälde von Albers aus seiner Serie "Homage to the Square". In diesem direkten Gegenüber wird nicht nur das beiden gemeinsame Vertrauen in die besondere Sprachfähigkeit der Farbe deutlich, sondern ebenso die ganz eigenen Wege, die ihren Umgang mit der Farbe bestimmen – Wege, in denen sich nicht allein persönliche Vorlieben verdeutlichen, sondern auch unterschiedliche historische Ausgangspositionen.

Graubners Entscheidung für die Farbe in den 1950er Jahren geschieht vor dem Hintergrund des damals herrschenden Informel, das mit dem Pathos der Aktion und gestischen Bildformen auftrat. Sein Umgang mit der Farbe, die er in feine Modulationen aufspaltet, erscheint dagegen ruhig und differenziert. Es ist eine Arbeit an den genuinen Möglichkeiten der Malerei. Graubner entwickelt sein Bildkonzept weniger im Austausch mit der Gegenwart als im Dialog mit solchen älteren Meistern der Farbe wie Grünewald, Tizian, El Greco und Cézanne.

Albers’ Verständnis der Farbe ist mitbestimmt von seiner pädagogischen Methodik, die er am Bauhaus und später als Lehrer in den USA entwickelte. "Farbe ist das relativste Medium in der Kunst", hat er einmal festgestellt: Wir sehen keine Farbe als sie selbst, sondern jede Farbe zeigt sich immer im Austausch mit anderen. Albers stellt in seinen Bildern deshalb drei oder vier Farben neutral nebeneinander und übergibt dieses Tableau unserer Betrachtung. Im Prozess des Sehens, so stellen wir fest, beginnen die Farben ihr unabsehbares Spiel, das keine von ihnen unverändert lässt.

So ist "Gotthard Graubner. Gespräch mit Josef Albers" auch ein Beitrag zur Geschichte der Farbe in der Malerei des 20. Jahrhunderts. Zur Ausstellung erscheint ein Katalogbuch mit einem Text von Heinz Liesbrock (130 Seiten, durchgehend farbige Abbildungen). Preis im Museum: EUR 34.

Gotthard Graubner. Gespräch mit Josef Albers
25. September 2011 bis 15. Januar 2012