Goethe - Faust - Beckmann

Im Jahr 1976 gelang es dem Land Hessen gemeinsam mit dem Bund einen der bedeutendsten Werkkomplexe der deutschen Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zu erwerben: den vollständigen Zyklus - bestehend aus 143 Federzeichnungen - von Max Beckmann (1884-1950) zu Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) Dichtung Faust II. Die Blätter entstanden im Auftrag des Frankfurter Verlegers Georg Hartmann zwischen dem 15. April 1943 und dem 15. Februar 1944, als sich Beckmann schon fast sechs Jahre im Amsterdamer Exil befand.

Für Beckmann selbst. der für Hartmann bereits den Zyklus Apokalypse illustrierte, handelte es sich - wie aus zahllosen Tagebucheinträgen hervorgeht - um ein großes Werk, an dem er intensiv, teilweise bis zur körperlichen Erschöpfung arbeitete. Es existieren nur Bleistiftskizzen und diese Tuschezeichnungen, da eine geplante Auflage nie zustande kommen sollte. Die allgemeine Auseinandersetzung mit dem großen Dichter Goethe, dessen Text "eine höhere, breitere, hellere, leidenschaftslosere Welt" (Goethe zu Eckermann) schildert als noch in Faust I und Beckmanns eigenen "Bombensorgen" im Exil ließen in der Vermengung das Werk zu einem gleichnishaften, überzeitlichen Spiegel der Gesellschaft werden.

Dabei ist jedoch wesentlich, dass Beckmann in den Zeichnungen nicht allein Goethes dichten Text illustrierte, sondern an dieser Tragödie seine über viele Schaffensjahre hinweg gepflegten eigenen Themen weiterführte: das Verhältnis von Mann und Frau, die irdische Welt als Bühnenstück, das ganz im Sinne Shakespeares gespielt werden muss, sein Selbstbild - er identifiziert sich mit Faust und Mephisto -, die "letzten Dinge" oder das bewegte Zeitgeschehen. Der Zyklus wird nach über zehn Jahren erstmals wieder komplett präsentiert. Zur Ausstellung erscheint im Hirmer Verlag ein aufwändig gestaltetes Katalogbuch.


Goethe - Faust - Beckmann
3. Oktober 2014 bis 18. Januar 2015