Ein altes Klischee besagte, die Militärs seien die eigentliche Gefahr für den Frieden. Kubricks »Dr. Seltsam« und Bond-Filme zeigten die Alleingänge von Generälen, denen ihre Politiker zu zahm waren. In der Realität sieht es anders aus, in den USA sitzen mehr Kriegshetzer in der Regierung als im Pentagon. Und der schnelle Sieg über Saddam lag auch an dessen Inkompetenz als oberstem irakischen Kriegsherrn, der nicht auf seine Generäle hörte.
Ein amerikanischer Militärreport, der sich auf Verhöre von mehr als 110 irakischen Militärs stützt und diesen Monat publiziert wird, zeigt, dass Saddam von der Angst vor einem Aufstand der Schiiten besessen war und alles tat, um einen solchen niederwerfen zu können, durchwegs mit Maßnahmen, die seine reguläre Armee schwächten. Er teilte den Irak in vier Gebiete auf, die er Vertrauten aus seinem innersten Kreis unterstellte. Bagdad sollte von der Republikanischen Garde geschützt werden.
Ihr Oberbefehlshaber war Brigadegeneral Barzan abd al-Ghafur Solaiman Majid al-Tikriti, eine militärische Null und ein schwerer Trinker, aber eben ein naher Verwandter von Saddam. Vielleicht glaubte Saddam ja an den Hippie-Spruch der 70er, nur Stämme würden überleben. Regionalen Volksstämmen Waffen zum Partisanenkampf zu geben, wie ihm seine Militärs empfahlen, vermied er aus demselben Grund.
Und wie war das mit den berühmten Massenvernichtungswaffen? Seine Generäle erfuhren es als erste: Saddam teilte ihnen im Dezember 1992 mit, dass er leider keine besitze, was sehr lange Gesichter bei ihnen auslöste, denn sie hatten so daran geglaubt wie manche Deutsche im Frühling 1945 an die Wunderwaffen. Saddam ließ letzte Reste von alten C-Waffen schnell beiseite schaffen, damit die Inspektoren gar nichts finden könnten, und die amerikanischen Geheimdienste hielten diese Bewegungen für das Verbergen von neuem ABC. Saddam praktizierte das »Divide et impera« dann weiterhin mit seiner eigenen Armee, generell und in Einzelentscheidungen, mit dem bekannten Ende.