Galerie allerArt Bludenz: «Anknüpfen» - Dorothea Rosenstock und Franziska Stiegholzer

Die letzte Ausstellung der Galerie allerArt im laufenden Jahr, das ganz im Zeichen des 30-Jahr-Jubiläums stand, ist den beiden Künstlerinnen Dorothea Rosenstock und Franziska Stiegholzer gewidmet. Auch wenn die beiden mit sehr unterschiedlichen Materialien arbeiten, gibt es eine Verbindungslinie, nämlich die Technik des Knüpfens als Werkmethodik. Wobei es auch bei dieser uralten Kulturtechnik wiederum sehr differenzierte Vorgehensmöglichkeiten gibt. Für die Werkschau in Bludenz, die von Andrea Fink, die für das Programm der Galerie allerArt verantwortlich zeichnet, kuratiert wird, realisieren Rosenstock und Stiegholzer, die zum ersten Male gemeinsam ausstellen, sowohl eigene als auch gemeinsame Arbeiten.

Die Wahl des Materials spielt für beide Objektkünstlerinnen eine wesentliche Rolle. In jedem Material stecke eine Geschichte, eine Aussage, und jedes Material verlange nach einer bestimmten Form und Technik, betonen die beiden. Rosenstock bevorzugt dabei Garne, die in einem mehr oder weniger textilen Kontext stehen, insbesonders Papiergarne, Stiegholzer greift immer wieder auf Alltagsmaterialien zurück, die sie in Baumärkten oder im Haushalt findet. Mitunter sei bereits die Suche danach spannend und jedenfalls liefere das Material die erste Inspiration für ein neu geplantes Werk.

Obwohl bei beiden Kunstschaffenden das Material im Zentrum steht, könnte der künstlerische Hintergrund kaum unterschiedlicher sein. Dorothea Rosenstock, 1979 in Männedorf am Zürichsee geboren, absolvierte die Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern mit Fachrichtung Textildesign. Anschliessend übersiedelte sie nach Finnland und schrieb sich in die Aalto University Helsinki ein, um ein Master Studium in der Fachrichtung „Textile Art und Design“ zu durchlaufen. Vor fünf Jahren erlangte sie den Abschluss. In der textilen Kunst Finnlands fand sie eine Art künstlerische Heimat. Im Zuge ihrer beruflichen Tätigkeit als Textil-Designerin konnte sie ihr gewebetechnisches Knowhow in Richtung industrieller Anwendungen entscheidend ausweiten. Franziska Stiegholzer wiederum, 1967 in Wien geboren, studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Franz Xaver Ölzant Medailleurkunst und Kleinplastik. Ihre Objekte basieren häufig auf einer iterativen Verknüpfung von zahlreichen kleinen Einzelteilen zu einer Gesamtheit.

Der Ausstellungstitel "Anknüpfen" lässt in Bezug auf das Vorgehen der beiden Künstlerinnen mehrere Deutungen zu. So kann "Anknüpfen" etwa die Auseinandersetzung mit etwas Gegebenem sein. Beispielsweise mit einer Tradition oder einem ganz bestimmten Aspekt aus der Kulturgeschichte. Man kann auch an eigene frühere Werke anknüpfen, oder an die Arbeitsweise des Gegenübers. Im Terminus "Anknüpfen" steckt aber darüber hinaus auch das Wort "Knüpfen". Womit eine Anspielung auf die technische Vorgehensstrategie gegeben ist. Denn beide Künstlerinnen werden von der Neugier angetrieben, alltägliche Materialien aus ihrem gewohnten Kontext herauszulösen, miteinander zu verknüpfen und in neuer Gestalt sowie in neuem Umfeld zu präsentieren.

So "verhäkelt" Franziska Stiegholzer, die seit mehreren Jahren in Frastanz lebt und arbeitet und wie Rosenstock im Vorstand von KunstVorarlberg sitzt, etwa Gummibänder oder Dichtungsringe zu netzwerkartigen, dreidimensionalen Geflechten, die formal an Polster, Kettenhemden, oder skulpturale Materialabstraktionen erinnern. Neben dem Häkeln setzt Stiegholzer aber auch Drahtklämmerchen oder Kabelbinder ein, um ausgediente Verpackungsmaterialien oder Installationszeugs miteinander zu "verknüpfen". Der aus Wien stammenden Künstlerin geht es bei ihren Objekten nicht zuletzt darum, beim Betrachter eine Art von Direktheit und Unverfälschtheit des Schauens auszulösen.

Während Stiegholzer also mit alltäglichen Methoden, die an das Arbeiten auf dem Bau erinnern, die Dinge verbindet, greift Dorothea Rosenstock auf die traditionelle finnische "Ryijy"-Technik zurück. Für ihre objekthaften Ryijy-Kunstwerke, die ausschliesslich am Handwebstuhl entstehen, verwendet sie unter anderem Papiergarn. Dieses stammt aus Finnland und füllt seit Jahren ihr Garnlager in Bludenz, wo sie an einer Ateliergemeinschaft beteiligt ist. Neben diesem Material mit höchst "eigenwilligem Charakter" (Rosenstock) knüpft sie aber auch mit alltäglichen "Fäden" wie beispielsweise Textilkordeln.

Im Vorfeld der Ausstellung besuchten sich die beiden Künstlerinnen immer wieder gegenseitig in ihren Ateliers, diskutierten Möglichkeiten aus und experimentierten mit den Materialien. "Der Prozess besteht aus gemeinsamer und individueller Auseinandersetzung zum Thema Anknüpfen, inspiriert von dem jeweils gewählten Material", sagen Rosenstock und Stiegholzer. Farbe und Form seien dabei im Hintergrund gestanden, so die beiden. Vielmehr sei es vor allem um die Gestaltung von Struktur und die Verbindung von Elementen zu einem flächenhaften Objekt gegangen.


Anknüpfen
Dorothea Rosenstock I Franziska Stiegholzer
9. November bis 22. Dezember 2018
Eröffnung: 8. November 18, 20 Uhr