Frieden und Freiheit

Unter dem Titel "Picasso: Frieden und Freiheit" entstand in enger Zusammenarbeit mit Tate Liverpool eine Schau, die sich mit der Darstellung von Krieg und Frieden in Picassos OEuvre während des Kalten Krieges beschäftigt. Picasso war ab 1944 bis zu seinem Tod im Jahr 1973 engagiertes Mitglied der kommunistischen Partei. Sein Werk aus dieser Zeit spiegelt sein tiefes politisches und soziales Interesse wider und ist wohl das letzte unerforschte Terrain bei der Auseinandersetzung mit diesem Künstler.

Die Ausstellung beschäftigt sich mit Picasso als "Historienmaler" in der marxistischen Tradition und geht in historisch-chronologischer Abfolge auf die zwischen 1944 und dem Tod des Künstlers entstandenen Historienbilder ein: das Beinhaus, das Massaker in Korea, Krieg und Frieden, den Raub der Sabinerinnen und eine Serie von Stillleben mit Tierschädeln und Totenköpfen. Ein weiteres in diesem Zeitraum in Erscheinung tretendes ikonografisches Schlüsselmotiv ist die Friedenstaube, die während des Kalten Krieges zu einem der wichtigsten Hoffnungssymbole wurde. Picassos Friedenstaube wurde zum Zeichen der Friedensbewegung, und er gestaltete damit Plakate für die Friedenskonferenzen in Breslau, Paris, Stockholm, Sheffield und Rom. Mit zahlreichen Varianten dieses Motivs unterstützte Picasso die kommunistische Partei in Frankreich und anderen Ländern sowie radikale Organisationen im Westen. Die Zeichnungen, die er zu Stalins Geburtstag im Jahr 1949 und zum Tod des Sowjetführers im Jahr 1953 für die Kommunistische Partei der Sowjetunion schuf, waren in ihrer Aussage kontrovers.

Die Werke der betreffenden Periode – vor allem Krieg und Frieden – galten im Westen als Picassos am wenigsten erfolgreiche Werke, wohingegen der Künstler im Osten auf Kritik stieß, weil er sich nicht auf einer Linie mit der Kommunistischen Partei der Sowjetunion befand, was den Sozialistischen Realismus betraf. Zwischen diesen beiden Polen entwickelte Picasso seine eigene künstlerisch-politische Haltung, die er selbst wie folgt beschrieb: "Ich habe nicht den Krieg gemalt, weil ich nicht zu den Malern gehöre, die hinausgehen und etwas abbilden wie ein Fotograf. Aber ich habe keinen Zweifel daran, dass auf diesen Gemälden Krieg herrscht…" Picasso machte mit seinen Arbeiten offen "Propaganda" für die kommunistische Sache und die Friedensbewegung und protestierte damit gegen Krieg und Unterdrückung. Gleichzeitig enthielten Stillleben, die zahlreichen Interpretationen von Themen aus der klassischen Mythologie (wie Raub der Sabinerinnen) und Varianten von Meisterwerken der Kunstgeschichte (Velázquez’ Las Meninas und Manets Frühstück im Grünen) subtile und versteckte Kommentare zum Weltgeschehen und Hinweise auf Picassos politische Einstellung.

Picassos Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei ab 1944 und der Niederschlag, den sein politisches Engagement in seinem Werk fand, sind wohl das letzte unerforschte Terrain bei der Beschäftigung mit diesem Künstler. Während die Ausstellung sich generell mit der globalen Rolle Picassos und seiner Kunst unter dem Gesichtspunkt seiner Unterstützung der kommunistischen Partei und der Friedensbewegung auseinandersetzt, bietet sich der Besuch des Künstlers in Großbritannien aus Anlass seiner Teilnahme am Friedenskongress in Sheffield 1950 als Schwerpunkt für die Präsentation in Liverpool an. Wien ist als Stadt, die nach dem Zweiten Weltkrieg an der Schnittstelle zwischen Ost und West angesiedelt war, ein idealer Ausstellungsort. Im Jahr 1952 war die Stadt außerdem Gastgeberin des Weltfriedenskongresses, auf dessen Veranstaltungsplakat Picassos Zeichnung einer Taube in einem Kreis aus miteinander verbundenen Händen zu sehen war.

Die Schau wird versuchen, eine eingehende wissenschaftliche Analyse dieser Schaffenszeit unter Einbeziehung von Sichtweisen zu Picasso aus Nordamerika, Westeuropa, Osteuropa und der Russischen Föderation vorzunehmen. "Picasso: Frieden und Freiheit" ist eine umfassende Schau mit Meisterwerken zum Thema Krieg und Frieden ab den 1940-er Jahren, die durch tagespolitische Drucksorten und zeitaktuelles biografisches Textmaterial wie Briefe, Archivdokumente, Publikationen und Zeitungen ergänzt wird.

Picasso: Frieden und Freiheit
22. September 2010 bis 16. Januar 2011