Frank Soehnles Theaterfiguren im Dialog mit der Sammlung Puppentheater

Der deutsche Figurenspieler und Regisseur Frank Soehnle gehört zu den wichtigsten Vertretern des zeitgenössischen deutschen Figurentheaters. Seine Ausstellung ist keine klassische Retrospektive, sondern eine künstlerische Installation, die auch auf Figuren der Münchner Sammlung zurückgreift.

Im Rahmen des internationalen Figurentheater-Festivals lädt die Sammlung Puppentheater seit 2005 zeitgenössische Figurentheatermacher ein, sich mit dem Medium Ausstellung auseinanderzusetzen. In dieser Reihe gezeigt wurden u.a. 2009 eine Ausstellung des ungarisch-italienischen Objekttheatermachers Gyula Molnàr, 2011 war das US-amerikanische Bread & Puppet Theater zu Gast und 2013 präsentierten Stefanie Oberhoff und Pélagie Gbaguidi in "Asyl Stadtmuseum" ihre Sicht auf die afrikanischen Theaterfiguren des Münchner Stadtmuseums.

Frank Soehnles Inszenierungen begreifen das Figurentheater als Schnittpunkt aller Künste. Hier stehen Text und Sprache, Bewegung und Tanz, Materialien und Figuren, Musik und Klänge, Bilder und Filme gleichberechtigt nebeneinander. Je nach Inhalt und Konzept werden die Elemente aus Bildender und Darstellender Kunst unterschiedlich eingesetzt. Gestaltung und Körpersprache der Figuren stehen bei dieser theatralischen Recherche im Mittelpunkt. Als Inspirationsquellen spielen die Exponate der Münchner Puppentheatersammlung eine wichtige Rolle. Schon als Jugendlicher hat Soehnle die Münchner Museumssammlung kennen gelernt und wesentliche Impulse in seine Arbeit aufgenommen.

In der Ausstellung "Wunderkammer" begegnen sich Figuren des Museums und Frank Soehnles Theaterfiguren aus 30 Jahren Praxis zum ersten Mal. In acht motivisch inszenierten Räumen (bildende kunst, varieté, tanz, sideshow, drama, schattenwelt, totentanz, himmel & hölle) fällt der Blick auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten, Beziehungen und Metamorphosen. Schöpfungen herausragender Figurengestalter des 20. Jahrhunderts wie Richard Teschner (1879 – 1948), Harro Siegel (1900 – 1985), Fritz Herbert Bross (1910 – 1976), Harry Kramer (1925 – 1997) und Kreationen aus dem Marionettentheater Münchner Künstler von Paul Brann (1873 – 1955) begegnen ihren Spuren, die sie im Werk von Frank Soehnle hinterlassen haben ‒ und wundern sich womöglich.

Frank Soehnle (geb. 1963 Stuttgart) absolvierte 1983–1987 den Studiengang Figurentheater Stuttgart, leitete 1987–90 das Karlsruher Figurentheater "Marotte" und gründete 1991 mit Karin Ersching das freie Tourneetheater "figuren theater tübingen". Mit Solo- u. Ensembleproduktionen gastiert er seither weltweit. Herausragend sind die Solostücke "Nachtgesichter" (1991), "Flamingo Bar" (1996) und "salto.lamento" (2006), visuelle Gedichte auf der Schwelle zwischen Bildender und Darstellender Kunst. Seine europaweiten Regiearbeiten erforschen das Verhältnis von Spieler und Figur und setzen modernes und klassisches Textmaterial visuell innovativ um. Seit 2011 ist er an der Komischen Oper Berlin als Gastsolist in "Orpheus" zu sehen und entwickelt mit dem Trio Wunderkammer die Kunstform Marionette weiter.

Soehnles eigenständige Kunstfiguren sind häufig geschlechtliche, menschlich-animalische oder mythologische Zwitterwesen, die er in einer Mischung aus spezifischem Material und Fundstücken baut. Er bevorzugt in offener Spielweise geführte Marionetten, jedoch reicht das Spektrum bis zu Objekten, die sich in Figuren verwandeln. Sein Spiel bewegt sich in literarischem, persönlichem oder politischem Kontext, wie in "Kinder der Bestie" (2000), gemeinsam mit dem Schauspieler Yehuda Almagor oder in "liquid skin" in Zusammenarbeit mit dem australischen Tänzer James Cunningham. Seit 1989 arbeitet er mit der Musikgruppe rat’n’X zusammen. Des Weiteren ist Soehnle als Dozent an diversen Hochschulen tätig (Stuttgart, Berlin, Charleville-Mézières, Jerusalem, Tours) .


Frank Soehnles Theaterfiguren im Dialog mit der Sammlung Puppentheater
18. Oktober 2018 bis 27. Januar 2019
Eröffnung: Mi 17. Oktober 2018, 19 Uhr