Wenn sich 20 schwarz gekleidete Juden und ein Rabbiner ganz in Weiß vor laufender Kamera in einer Vollmondnacht auf einem Friedhof versammeln, um ein Todesfluch-Ritual durchzuführen, handelt es sich dann um Filmaufnahmen für ein antisemitisches Machwerk? Leider nein, auch in Israel gibt es rechtsradikale Narren gröbsten Kalibers.
Die bärtigen Männer, die sich am 22. Juli 2005 in der nordisraelischen Kleinstadt Rosch Pina am Grab eines 1938 von den Engländern gehenkten Betar-Terroristen trafen, waren über 40, verheiratet und Gegner des Gasa-Abzugs. Sie beteten für Ariel Scharons Tod: Der Allmächtige möge den Todesengel zu ihm senden. Dieser kabbalistische »Pulsa-de-Nura«-Fluch (aramäisch für »Schlag mit dem feurigen Stab«) war unter demselben Rabbiner, Yosef Dayan, vor zehn Jahren gegen den damaligen Regierungschef Jizchak Rabin ausgesprochen worden, der wenig später von einem Rechtsextremisten ermordet wurde.
Diese Parallele hat Empörung quer durch das Land ausgelöst, als die Bilder der nächtlichen Zeremonie durch ein TV-Magazin publik wurden. Der aschkenasische Oberrabbiner verurteilte den Vorfall ebenso wie linke und national-religiöse Knesset-Abgeordnete, der Siedlerrat Yescha distanzierte sich, der Rabbiner Naftali Rothenberg sagte, das seien keine Kabbalisten, sondern Hooligans, der Journalist Amnon Dankner schrieb, diese Leute sollten das Geld, das sie vom Fernsehen bekommen haben, für eine psychiatrische Behandlung verwenden.
Zwei Likud-Abgeordnete riefen zur Einleitung eines Untersuchungsverfahrens auf. Allerdings ist auch gefährlicher Aberglaube nicht strafbar, so lange er verbal bleibt. Die Pulsa-de-Nura ruft ja den Todesengel Samael und nicht (zumindest nicht offiziell) einen Attentäter. Der Todesengel schlägt übrigens binnen 30 Tagen zu, wenn nicht, muss das Ritual wiederholt werden. Bei Beschuldigungen, die nicht aus reinem Herzen kommen, sterben allerdings die Verflucher selbst. Insofern eigentlich schade, dass an dem ganzen Voodoo-Quatsch nichts dran ist.