Exzentrische Frauen, weltfremde Männer - Die Screwball Comedy

Großstädtisch, vor Dialogwitz sprühend, rasend schnell, exzentrische Charaktere präsentierend und um Geschlechterkämpfe kreisend – das sind kurz gefasst Merkmale der Screwball Comedy. Beschränkt blieb die Blüte dieser Komödiengattung fast ausschließlich auf die USA und auf dort auf die 1930er Jahre. Das Filmpodium Zürich zeigt einige der großen zeitlosen Meisterwerke dieses Genres.

Während die Merkmale, die einen Film zu einer Screwball Comedy machen, relativ klar sind, ist die Herkunft des Namens umstritten. Kommt er vom Golfen oder Baseball, wo ein "Screwball" ein aus dem Feld geschlagener Ball ist? Im Film entspricht diesem Ball dann der desorientierte und aus dem Konzept gebrachte Mann, der beinahe in keiner dieser Komödien fehlen darf. Howard Hawks verwendet in "Bringing Up Baby" (1938) sogar direkt eine solche Golfszene und überträgt sie auf Cary Grant, der einen lebensfremden Anthropologen spielt, der durch die resolute Katharine Hepburn aus der Bahn geworfen wird.

Möglich ist auch, dass die Genrebezeichnung von "screwy" kommt, das etwa dem Deutschen "eine Schraube locker" entspricht, oder von "screwball" als Slang-Bezeichnung für eine schrullige und launische Figur. Beides trifft auf diese Komödien freilich zu, denn immer bewegt sich die eine oder andere Figur oder auch mehrere am Rande des Wahnsinns.

Die Prototypen der Screwball Comedy schufen Howard Hawks mit "Twentieth Century" (1934), William S. Van Dyke mit "The Thin Man" (1934) und Frank Capra mit "It Happened One Night" (1934). Die Entstehung der Gattung wird mit der Überwindung der Depression durch Roosevelts New Deal, aber auch durch die verschärften Zensurmaßnahmen durch den Production Code erklärt.

Einerseits waren die sexuellen Freizügigkeiten, die sich Mae West und Jean Harlow Anfang der 1930er Jahre noch erlauben durften, nun verboten, andererseits kam die aggressive anarchistische Komik der Marx Brothers und W. C. Fields beim Publikum nicht mehr an. Leichtere Kost war gefragt und dieses Bedürfnis stillten die Screwball Comedies, die bei aller Respektlosigkeit das System schlussendlich bestätigten und weniger Gesellschaftskritik als vielmehr eskapistische Flucht aus dieser boten.

Es kann in diesem Zusammenhang auch kaum verwundern, dass diese Gattung spätestens mit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg aus den Kinos verschwand und vom Film noir, der ein düsteres Bild der US-Gesellschaft und des Menschen zeichnete, abgelöst wurde.

Das Milieu, in dem die Screwball Comedies spielen, ist abgehoben von der Lebenswelt des Durchschnittsbürgers. Abgesehen von rasenden Reportern und verwirrten Professoren arbeitet hier kaum einer, Freizeit und Geld scheinen in unbegrenztem Maße vorhanden. Die High-Society der Großstadt ist der Schauplatz, vornehme Abendgesellschaften gehören zu den Standardszenen. Im Zentrum steht immer der battle of the sexes. Aber nicht nur Mann und Frau, sondern auch Intelligenz und Dummheit, Bildung und Unbildung treffen dabei aufeinander. Der Konflikt, der dadurch vorprogrammiert ist, wird unter Verzicht auf Gewalt – "sophisticated" - mit geistreichem Dialog und List ausgetragen.

Zwei gegensätzliche Handlungsmuster lassen sich dabei feststellen. Beim einen muss eine allzu eigensinnige oder exzentrische Person durch den zwar humorvollen, aber realistischen Partner gezähmt werden. Beispiele dafür sind William A. Wellmans "Nothing Sacred" (1937), Mitchell Leisens "Midnight" (1939) und Preston Sturges´ "The Lady Eve" (1941).

Im andern Fall muss ein auf seine Arbeit fixierter, weltfremder und in bürgerlichen Verhaltensmustern allzu verhafteter Mensch von seinem lebenslustigen Partner von seiner Verklemmtheit befreit werden. Diese Entwicklung kennzeichnet nicht nur Hawks´ "Bringing Up Baby" (1938), sondern auch Ernst Lubitschs "Ninotschka" (1939) oder Preston Sturges´ "The Palm Beach Story" (1940).

Die verschiedenen Regisseure entwickelten dabei unterschiedliche Spielarten. Bei Frank Capra ("Mr. Deeds Goes to Town", 1936) darf die sozialkritische Note nicht fehlen, aggressiver und pessimistischer im Blick auf Amerika war dagegen Preston Sturges. Bei George Cukor, der in "The Philadelphia Story" (1940) satirisch auf eine Hochzeitsgesellschaft blickt und in "The Women" (1939) das Freizeit- und Konsumverhalten reicher Frauen persifliert, wird der Biss durch die Vornehmheit des Ambientes und die Eleganz der Inszenierung gemildert.

Cukor verwandt, aber gesellschaftlich weniger relevant, dafür noch feinsinniger und doppelbödiger sind die hinreißenden Arbeiten von Ernst Lubitsch, die eine Kategorie für sich darstellen. Howard Hawks dagegen nahm in seinen virtuos Dialogwitz mit Slapstick mischenden Komödien allein schon durch das horrende Erzähltempo die Hysterie und das Chaos der modernen Welt und ihrer Bewohner aufs Korn.

Nach dem Abebben dieses Komödienbooms um 1940, konnte die Screwball Comedy nie mehr an ihre Glanzzeiten anknüpfen. Die Wiederbelebungsversuche mit den Doris Day/Rock Hudson-Komödien in den 50er waren zu puritanisch und zu brav, Peter Bogdanovich gelang mit "What´s Up, Doc" (1972) eine explizite, aber singulär bleibende Hommage an die klassische Phase und neuere Versuche wie Rob Reiners "When Harry Met Sally" (1989) oder Stephan Elliotts hinreißender "Easy Virtue" (2008) konnten kein echtes Revival einleiten. – Vielleicht bietet dazu die liberale Gesellschaft von heute, in der sich die Geschlechterrollen vielfach aufgelöst haben, auch zu wenig Konflikt- und Konfrontationspotential.

Ausschnitt aus "The Palm Beach Story"