Extrem süß!

Die Ausstellung "Extrem süß! gemalt, gehäkelt, gegossen" in der Jungen Kunsthalle vereint dreißig Arbeiten von neun Künstlerinnen und Künstlern, die sich in ihrer Arbeit mit Süßwaren auseinandergesetzt haben. Auf die jungen Besucher und ihre Familien warten Bilder und plastische Arbeiten, die einen neuen Blick auf ein alltägliches Konsumgut bieten.

Nicht fehlen dürfen in dieser wie in allen Ausstellungen der Kunstvermittlung der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe die interaktiven Angebote: Das sind im Fall von "Extrem süß!" Hörstationen mit Kommentaren von Kindern und Jugendlichen, die Kreativ-Koffer, mit denen Besucher die Ausstellung erkunden können, sowie die mit inspirierendem Material ausgestattete Werkstatt im Obergeschoss.

Anregung zum eigenen Gestalten soll die Kunst geben, die im Erdgeschoss zu sehen ist. Das können die schönen und verheißungsvollen Formen, Verzierungen und Verpackungen von Süßwaren sein, die uns die kreative Energie zeigen, die in die Gestaltung der nur wenige Cent teuren Naschwaren geflossen ist. Aber das ist nur einer von vielen Aspekten, die etwa bei der Betrachtung von Günter Beiers überdimensional gemalten Lakritzschnecken zum Thema werden können. Ralph Flecks auf Packpapier gemalter "Berliner" hinterlässt nach dem Vorbild des frittierten Gebäcks einen Fettrand auf dem Bildträger. Sybille Kroos lässt sich von Kuchen und Torten inspirieren, deren sinnliche Ausstrahlung die Künstlerin mit pastosen Pinselstrichen in das Medium Malerei überträgt.

Süßigkeiten sind Seelennahrung und Genussmittel, aber auch Waren, die von kommerziellen Firmen produziert und vermarktet werden. Ulrik Happy Dannenberg gießt Kunstharz und Acrylglas zu täuschend echt wirkenden Weingummis und Dauerlutschern und fügt die bunten Relieftafeln zu einem riesigen Triptychon zusammen. Uta Weber verwandelt bunte Smarties und Kaugummi-Dragees zu raumgreifenden Installationen, die jede Erinnerung an Esswaren verloren haben. Die fotorealistisch anmutende Malerei von Andreas Orosz verdichtet gläserne Kuchenvitrinen, spiegelnde Oberflächen und Lichtreflexe zu einem Bildraum, dessen Geometrie und Architektur mit der Sinnlichkeit der Torten zu konkurrieren scheint.

Immer aber spielen auch Witz und Ironie eine Rolle bei der Verwandlung von Naschwerk in Kunstwerke. Patricia Wallers maßstabsgetreu gehäkelte Eisbecher verdeutlichen die Schnittstelle von ästhetischem Seherlebnis und tatsächlicher Geschmackserfahrung: Die appetitlich aussehenden, wollenen Eiskreationen würden uns kratzig im Halse stecken bleiben und provozieren auf diese Weise widersprüchliche Assoziationen in der Wahrnehmung des Betrachters. Peter Anton stellt überdimensionale Pralinen und Donuts aus Draht und Gips her und bemalt die Modelle anschließend mit hochglänzender Acrylfarbe. Und die lebensgroße Figurengruppe von Stefanie Alraune Siebert, samt Ausstattung handgenäht aus Seide, Plüsch und Spitze, macht Schluss mit der Harmlosigkeit des nach wie vor beliebten Kaffeekränzchens.

Die Arbeiten verdanken ihren ästhetischen Reiz aber nicht nur den kräftigen Farben und ihrer appetitlichen Aufmachung. Ähnlich wie Künstler der Pop-Art in den 1960er und 1970er Jahren, setzen sich auch die Künstler der Ausstellung mit Objekten aus der Alltagswelt auseinander, die auf den ersten Blick vertraut erscheinen. In "Extrem süß!" sind es gerade ungewöhnliche künstlerischen Umsetzungen der Motive, die überraschen: Indem die Süßigkeiten überdimensioniert, täuschend echt oder betont verfremdet dargestellt sind, verschiebt und hinterfragt diese Kunst unsere gewohnte Wahrnehmung der bekannten Dinge.

KünstlerInnen: Peter Anton, Günter Beier, Ulrik Happy Dannenberg, Ralph Fleck, Sybille Kroos, Andreas Orosz, Stefanie Alraune Siebert, Patricia Waller, Uta Weber

Extrem süß! gemalt, gehäkelt, gegossen
3. Dezember 2011 bis 1. April 2012
Verlängert bis 12. 8. 2012