Es geht toch!

8. August 2012 Rosemarie Schmitt
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Aber jetzt mal Ernst! Ernst Toch war ein 1887 in Wien geborener Komponist, den viele nicht vergessen konnten, weil sie ihn gar nicht kannten. Doch wenn Sie ein Freund des Außergewöhnlichen, der modernen klassischen Klänge sind, sollten Sie die Gelegenheit wahrnehmen, die Musik des Herrn Toch kennen zu lernen. Das Label Crystal-Classics (Delta-Music / Vertrieb Q-rious) veröffentlichte kürzlich eine CD mit Kompositionen Ernst Tochs, die einen interessanten Eindruck seiner Werke vermitteln.

Toch stammte nicht aus einer musikalisch geprägten Familie, sein Vater bevorzugte geprägtes Leder, er war Ledernäher, doch Sohn Ernst stand der Musik näher als der Tierhaut. Er begann Streichquartette Mozarts abzuschreiben und diesen Abschriften seiniges hinzu zu fügen. Dieser Art autodidaktischen Lernens ist sicherlich nichts hinzu zu fügen und sich einen Mozart als "Lehrmeister" und Vorbild auszuwählen, spricht durchaus für sich und für Toch! Seine Variationen über Mozarts "Unser dummer Pöbel meint" interpretiert die junge Pianistin Tatjana Blome gemeinsam mit dem Orchester der Kammersymphonie Berlin als Welt-Ersteinspielung. Die ersten knapp 3 Minuten kommen irgendwie recht russisch à la Khachaturian daher, doch die dann folgenden 13 Minuten klingen sehr versöhnlich und wohltuend mozärtlich.

Eine ebenfalls ganz besondere und typische Komposition von Ernst Toch ist sicherlich seine "Bunte Suite in 6 Sätzen", die das Orchester Kammersymphonie Berlin als World-Premiere-Recording hier vorstellt. Toch komponierte sie im Auftrag des Frankfurter Rundfunks. Er war damals Anfang vierzig und der Rundfunk ein noch jüngeres Medium. Für viele Komponisten eine wunderbare Gelegenheit ihre Kompositionen auch jenseits der Konzertsäle an die Zuhörer zu bringen. Bekanntheit, Anerkennung und nicht zuletzt auch finanzieller Erfolg war nun zum Greifen nah, nicht jedoch für jeden Komponisten, und nicht in dem Umfang, den sich Ernst Toch wünschte. Erst im amerikanischen Exil (ab dem Jahr 1936) gelang es ihm, in Kalifornien seinen Lebensunterhalt durch Filmkompositionen für Hollywood zu sichern.

Ebenfalls zu seinen außergewöhnlichen, modernen Kompositionen zählt zweifellos das Cellokonzert, das er im Alter von 37 Jahren komponierte. Auf dieser CD interpretiert von dem Cellisten Peter Bruns und dem Mendelssohn Kammerorchester Leipzig. Peter Bruns präsentiert diese neue Musik auf einem sehr alten Instrument. Er spielt ein Cello des venezianischen Geigenbauers Carlo Tononi. Aber von wegen Ton oni! Die Instrumente, die er baute, hatten sehr wohl einen Ton, und zwar einen ausgesprochen guten! Das Cello von Peter Bruns gehörte gar einst dem großartigen spanischen Cellisten Pablo Casals, und wurde im Jahre 1730 gebaut, dem Jahr, in dem sein Erbauer Carlo Tononi starb.

Am 1. Oktober 1964 starb Ernst Toch in Santa Monica, Kalifornien. Er selbst behauptete, er sei der meistvergessene Komponisten des 20. Jahrhunderts, doch außer ihm, erheben noch eine Reihe anderer Kollegen von Toch Anspruch auf diesen "Titel". Doch vergessen, kann man schließlich nur, was man kennt.

Möchten Sie die Musik Ernst Tochs kennen lernen? Beantworten Sie die im Anschluß gestellte Frage (an: klassik@habmalnefrage.de), und Sie können bald selbst entscheiden, ob Toch nun jener Titel des meistvergessenen Komponisten des 20. Jahrhunderts zusteht, oder etwa nicht.

Es geht um die Bunte Suite op. 48. Wie ist der Titel des letzten (6.) Satzes dieser Suite von Ernst Toch?

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt