Ihren zweiten Lyrikband legt Elke Laznia wieder beim Müry Salzmann Verlag vor und "führt uns in eine Zwischenwelt, deren Ausgang offen ist". In Fischgrätentage geht es um Beziehungen von Ich und Du, es geht um die Nähe und Fremdheit, die empfunden wird. Es geht um die Menschen und wie sie einander begegnen, nicht unbedingt um eine konkrete Person, es ist die gebrechliche Frau, die Mutter, die Schwester, Tochter, ein anderes Gegenüber. Und doch ist es am Ende die Sphäre des Todes, des zunehmenden Körperverlusts, die Intimität, die in der Begleitung der Großmutter entsteht.
In einem Interview (literadio) benennt Elke Laznia den Schreibprozess als ein Verweben, ein Zöpfe-flechten (Fischgrätenzöpfe), auch als Speicher. "Lieder die aus Zweigen fallen / versickern wenn wir nicht / schnell genug einstimmen /…". In der ersten Hälfte des Buchs bleibt es kleinteilig, berührende Passagen treffen die eigenen Befindlichkeiten ins Mark: "… / aus der Vergangenheit tauchen / Namen auf und in den Schubladen / liegt noch der Streit von gestern“ oder "… still ist es als legten wir hier / die Hände in den Schoß trotzdem / ist der Mut für einen Tag / oft schon mittags verbraucht".
Im zweiten Teil geben Überschriften wie Nachkommen, Blattwerk, Mutterkraut, Milchmädchen den größeren Rhythmus vor und eine davon, Lavendellied, verweist auf den letzten Prosaband, wo die Sequenz über die Großmutter titelgebend war. Wie verändert sich das Familiengefüge bei einem Trauerfall? Elke Laznia durfte erfahren, wie kostbar dieser Übergangsprozess einer Sterbenden für alle Begleitenden ist, und was sich dabei an Liebe und Nähe entfalten kann, eine Intimität, die alle Peinlichkeit bricht. "es gibt auch Tage da schafft es / die Hand nicht mehr zum Mund / dann bin ich dir Handlangerin / füttere dich willst du deine Zähne / frag ich und meist sagst du ja / manchmal nein wenn es / ein schlechter Tag ist // Schnabele auf sag ich / du bist mein Vogelkind".
Und immer geht es um Verlust, den jede und jeder kennt. "wir wollen den Verlust / untereinander aufteilen / keiner geizt alle klagen / greifen kurz an weichen aus / gestikulieren geben nach / versuchen etwas zu sagen / zu erwidern etwas / wieder gut zu machen / es gelingt nicht // wir finden kein passendes Wort / unser Reden endet bald / wir beginnen mit einem / Schweigen das sich auswächst".
Lyrik hat gewiss eine größere Freiheit im zeitlosen Raum zu verweilen, und Elke Laznia vermag in die Tiefe zu gehen, gibt viel von sich preis in den abstrakten Verflechtungen, die doch so konkret und eindrücklich in Sprachbilder gesetzt sind.
Elke Laznia (geb. 1974) wuchs im Kärntner Drautal auf. Sie lebt als freie Schriftstellerin in Salzburg und erhielt für ihr Werk zahlreiche Preise, u.a. den Klagenfurter Kulturpreis, den Feldkircher Lyrik-Publikumspreis, den Georg-Trakl-Förderungspreis sowie den manuskripte und Rauriser Förderungspreis. 2014 erschien ihr Debüt Kindheitswald, 2017 Salzgehalt und 2019 Lavendellied, alle im Müry Salzmann Verlag.
Elke Laznia
Fischgrätentage
Müry Salzmann Verlag 04/2024
128 S., gebunden
ISBN 978-3-99014-256-1