Ein flüchtiges Haus für ein jüdisches Fest

Eine Sukka auf einem Lastwagen vor einem Restaurant in Manhattan, auf verlassenen Parkplätzen in London und Tel Aviv – Laubhütten gibt es an Orten, an denen man sie niemals vermutet. Anlässlich des jüdischen Laubhüttenfestes werden jeden Herbst auf der ganzen Welt diese flüchtigen Häuser errichtet, in denen man für eine Woche isst, feiert und schläft.

Die Architektin und Kulturwissenschaftlerin Mimi Levy Lipis hat zwischen 1999 und 2009 zeitgenössische Laubhütten in Europa, den USA und in Israel fotografiert. Eine Auswahl ihrer Fotos zeigt das Jüdische Museum Berlin ab dem 5. November in der Eric F. Ross Galerie.

Jeden Herbst errichten Juden auf der ganzen Welt Laubhütten (Sukkot), die für eine Woche bewohnt werden. Gefeiert wird damit das jüdische Laubhüttenfest, das einerseits an die Wüstenwanderung der Israeliten und die damit verbundene Erfahrung der Heimatlosigkeit erinnert und andererseits als Erntedankfest einer sesshaften Gemeinschaft gilt. Mimi Levy Lipis hat die Architektur der zeitgenössischen Sukka der letzten zehn Jahre in Europa, den USA und in Israel dokumentiert. Die Fotos reflektieren ihre persönliche Geschichte, erzählen von der Suche nach Sukkot in unterschiedlichen Ländern, vom Finden - aber auch vom Nichtfinden - und vom Erkunden der urbanen Kontexte.

Die Baubestimmungen für diese Laubhütten sind mehr als 1500 Jahre alt: Die Sukka hat mindestens zweieinhalb Wände, durch das Laubdach müssen Sterne sichtbar bleiben und tagsüber soll das Laub des Daches einen Schatten auf den Boden werfen. Die Sukka bietet nur bedingt Schutz vor der Witterung, heutzutage sind es meist einfache Behausungen aus Stoff, Plastikplanen oder Holz.

Während der Feiertage von Sukkot soll der feste Wohnsitz als transitorisch wahrgenommen und die Sukka als permanenter Wohnsitz fungieren. Aufgebaut werden die Sukkot in den verschiedensten Außenräumen: auf Balkonen, Dächern, Bürgersteigen, in Gärten und auf kleinsten Restgrundstücken. Ob kreuz und quer gestapelte Balkone mit Laubhütten in Jerusalem oder eine für die Ewigkeit gebaute Sukka in Berlin: Die Fotos von Mimi Levy Lipis zeigen Laubhütten im Spannungsfeld zwischen Diaspora und Heimat, mal alltäglich und fast immer ungewöhnlich.

Von den über tausend Fotos, die Mimi Levy Lipis gemacht hat, werden in der Ausstellung rund 200 Bilder auf fünf Projektionswänden gezeigt. Sie treten in einen Dialog mit Textzitaten aus der Bibel, dem Talmud und der Zusammenfassung talmudischer Auslegungen aus dem 16. Jahrhundert, die sich mit dem Bau von Sukkot beschäftigen.

Zur Ausstellung ist ein englischsprachiger Fotoband erhältlich: "Home is Anywhere: Jewish Culture and the Architecture of the Sukkah. Edited and Text by Mimi Levy Lipis." Verlag der Buchhandlung König. Köln, 2010. 160 Seiten mit 100 farbigen Abbildungen. 28 Euro. ISBN: 978-3-86560-914-4 Erscheinungsdatum: November 2010

Die Sukka. Ein flüchtiges Haus für ein jüdisches Fest
Fotografien von Mimi Levy Lipis zur Architektur der Sukka
5. November 2010 bis 23. Januar 2011