Eigene und andere Geschichtlichkeiten

Der 1976 in Sigmaringen geborene und heute in Wien lebende und arbeitende Künstler Christian Mayer interessiert sich of für Objekte, die historisch und kulturgeschichtlich aufgeladen sind und die schon als Objets Trouvés eine gewisse Aura besitzen. Im Falle der alten Lodenfabrik, in der das Kunstforum Montafon in Schruns untergebracht, kann auch ein Gebäude so ein Objets Trouvés darstellen und für einen Künstler wie Mayer wie geschaffen sein, um darauf zu reagieren.

Mayer, der von 1997 bis 2000 an der Hochschule der Bildenden Künste Saar in Saarbrücken und von 2000 bis 2005 an der Akademie der bildenden Künste Wien in studiert hat, reagiert nun auf seine ganz spezielle Weise auf die Räumlichkeiten des Kunstforums. Ausgehend von seinem Interesse an der Historizität des Gebäudes, hat Mayer den in Berlin lebenden Künstler Alexander Wolff, der ebenfalls an der Wiener Akademie studiert hat, eingeladen, die Ausstellung gemeinsam mit ihm zu entwickeln. Mayer und Wolff kennen sich bereits seit ihrer Jugendzeit, die sie in der schwäbischen Textilstadt Albstadt verbrachten. Wie sie wissen lassen, haben sie immer wieder gemeinsame Projekte realisiert, von Ausstellungen angefangen über Musikprojekte bis hin zu einer seit über zehn Jahren regelmässig erscheinenden Kunstzeitschrift (www.ztscrpt.net). Das Gebäude der ehemaligen Lodenfabrik in Schruns trage für sie Parallelen zu den Räumen, die ihnen in den 1990er Jahren als erste Ateliers und Proberäume dienten: Textilfabriken, die das Stadtbild Albstadts prägen und von denen viele seit der Abwanderung der Textilindustrie in den 1980er Jahren leer stehen. Im Falle von Christian Mayer kommt darüber hinaus noch ein zusätzlicher persönlicher Bezug hinzu, war doch ein Teil seiner Verwandtschaft in diesen Textilfabriken beschäftigt. Für die Ausstellung in Montafon hat er daher unter anderem eine rund 90 Jahre alte Wirkmaschine aus Familienbesitz reaktiviert, die seit dem Ende eines Familienbetriebs vor 20 Jahren nicht mehr benutzt wurde. Alexander Wolff erwidert das Thema mit Malereien und Wandarbeiten, welche die Leinwand und deren Gewebe als Bildträger der Malerei reflektieren. Gemeinsam wollen beide Künstler eine Situation entwickeln, die den Nachhall der historischen Funktion der Räume verstärken und variieren. Mayer geht es in seinem Schaffen grundsätzlich immer wieder darum, die Zusammenhänge zwischen soziokulturellen Entwicklungen, Sprachregelungen, massenmedialen Bildgebungsverfahren und Lebensstilen ins Bewusstsein zu bringen. Er rückt damit die Bedingungen des Wahrnehmens und Verstehens im Verhältnis zu ihren kulturellen und technologischen Voraussetzungen ins Zentrum. Alexander Wolff wiederum setzt sich in seiner Arbeit mit den Bedingungen und Konventionen des heutigen "Kunstmachens" im selben Masse sinnlich wie konzeptuell auseinander. In seinen Bildern, Skulpturen, Videos und Installationen ruft er die gesamte Spannbreite der Moderne als überindividuellen Lebensentwurf ab und schafft immer wieder neue Situationen aus dem Material des Gegebenen. Durch die architektonischen Räumlichkeiten der alten Lodenfabrik sowie deren Historizität und die installativen Reaktionen von Mayer und Wolff treffen zwei Elemente aufeinander, die zusammen eine Haltung abbilden. Aus einem möglichen inneren Konflikt, der in den unterschiedlichen Elementen begründet sein mag, entsteht eine Schnittstelle, der neue Konstellationen entspringen. Ein Etwas, dessen Anwesenheit in der Vergangenheit liegt, wird der räumlichen und zeitlichen Distanz entrissen und gleichsam neu vermessen.
Christian Mayer/ Alexander Wolff & Cie 6. Dezember 2014 bis 31. Januar 2015