Dominic Michel ist Träger des Manor Kunstpreises 2022, einer der wichtigsten Auszeichnungen für zeitgenössisches Kunstschaffen in der Schweiz. Der Preis ist mit einer Einzelausstellung im Aargauer Kunsthaus verbunden, in der Michel seine neusten Arbeiten in Form von Objekten, Videos und Installationen präsentiert. Seine Werke machen deutlich, dass Objekte und Orte stark kontextabhängig sind, und verweisen durch ihre inhaltliche Transformation auf neue Bedeutungsebenen.
Dominic Michel interessiert sich in seinem künstlerischen Schaffen für Objekte und Orte sowie für deren soziokulturelle Bedeutung. "Objekte sind Träger, Protagonisten und gleichzeitig die Sprache einer Geschichte, die sich fortlaufend verändert und umgeschrieben wird", sagt Michel. Er verfolgt zeitgenössische Narrative entlang gesellschaftlicher, ökonomischer oder privater Kreisläufe. Dabei hinterfragt er die symbolische Aufladung von Gegenständen und Lokalitäten und ermöglicht neue Sichtweisen.
Anlässlich des Manor Kunstpreises findet im Aargauer Kunsthaus die erste Einzelausstellung des Künstlers statt. In vier Räumen zeigt er neue Arbeiten: Den Auftakt bilden zwölf identisch geschneiderte Mäntel, deren Rückseiten mit unterschiedlichen Motiven im Siebdruckverfahren bedruckt wurden. Zu einem "runway-defilee" erstarrt, wirft Michel damit Fragen zur seriellen Produktion und zum Fetisch des Originals auf.
Unter den neuen Werken findet sich auch ein Wandobjekt: ein Interieur mit drei Sofas klemmt zwischen zwei Metallplatten. Das kleinformatige Wohnzimmer wurde auf die Höhe des Mobiliars beschnitten und verliert dadurch seinen eigentlichen Zweck. Hier thematisiert Michel das Verhältnis zwischen Modell und Original und somit auch zwischen Objekt und Körper im Raum.
Die Ausstellung von Dominic Michel ist auf eigenen Wunsch in die Sammlungspräsentation des Aargauer Kunsthauses eingebettet. Räume mit Sammlungswerken wechseln sich ab mit von Michel gestalteten Umgebungen. In einem schummrigen Wohnzimmerkino werden vier Videoarbeiten des Künstlers gezeigt. Ihre Tonspuren setzen sich aus Geräuschen, verzerrten Aufnahmen, Stimmen und synthetischen Klängen zusammen. Ton und Bild behandelt Michel als gleichwertige Medien: Im Wechselspiel teilen sie sich den Raum. Die vier Arbeiten zeigen städtische Szenen aus La-Chaux-de-Fonds sowie Aufnahmen einer Überwachungskamera, die einen Einbruch zeigen, oder kurze Sequenzen mit Menschen im Freien, die sich an der Grenze zwischen öffentlichen und privaten Grundstücken bewegen.
Original und Kopie, Wiederholung und Unterscheidung, öffentlicher und privater Raum: Diese Themen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Auch die Installation "Cast" - eine mit Polsterstoff überzogene Drehtür - zeugt davon. Diese Art industriell hergestellter Glastüren findet sich üblicherweise in den Tempeln der Konsumgesellschaft, in Shoppingzentren oder auch in Hotels. Indem er die Tür mit Stoff verkleidet, fügt Michel dem Objekt eine neue Bedeutungsebene hinzu. Seine Arbeiten machen deutlich, wie stark sich inhaltliche Eingriffe auf den Kontext auswirken, und manifestieren sich dadurch als Zeichen.
Dominic Michel, geboren 1987 in Klingnau (AG), lebt und arbeitet in Zürich.
Dominic Michel - Manor Kunstpreis 2022
29. Januar bis 24. April 2022