Unerreicht hinsichtlich Raffinesse und Eleganz der Inszenierung sind die Komödien, die Ernst Lubitsch in den 1930er und frühen 1940er Jahren in Hollywood drehte. Mit "Lubitsch Touch" wurde sogar ein eigener Begriff für ihren Stil kreiert. Doch daneben schuf der gebürtige Deutsche vor seiner Emigration im Jahre 1922 auch mehrere große Historienfilme. – Das Filmpodium Zürich widmet diesem "Fürsten des Kinos" eine Werkschau.
Das Interesse an Verkleidung wurde dem am 19. Jänner 1892 in Berlin geborenen Ernst Lubitsch gleichsam in die Wiege gelegt, denn sein Vater war ein jüdischer Mantel- und Kostümfabrikant. 1911 entdeckte Max Reinhardt den 19jährigen als Schauspieler und Lubitsch wurde Ensemblemitglied des Deutschen Theaters. Seine Spezialität waren Diener und Narren und bald kam zum Theater der Film dazu und zum Schauspiel auch die Regie. - Schon 1914 drehte er seinen ersten Film.
Um derbe Komödien mit – laut der Filmhistorikerin Lotte Eisner – jüdischem Slapstick handelte es sich bei diesen frühen Ein- bis Dreiaktern. Seine Meisterwerke in Deutschland schuf Lubitsch zwischen 1919 und 1922 mit der Komödie "Die Austernprinzessin" (1919) und den Kostümfilmen "Madame Dubarry" (1919) und "Anna Boleyn" (1920). Der Expressionismus, der das deutsche Kino dieser Zeit bestimmte, ging an ihm ebenso vorbei wie die pessimistische Stimmung der Nachkriegszeit. In ihrer Leichtigkeit stehen Lubitschs Filme geradezu in Opposition zum tristen Alltag mit Hunger, Demonstrationen, Umsturzversuchen und politischen Morden. Schon hier erzählt er nicht nur Geschichten, sondern arbeitet ganz massiv mit Kleidern, Frisuren, Requisiten und Dekorationen.
Wenig Probleme bereitete ihm auch der Wechsel nach Hollywood, wohin er 1922 emigrierte. Mit Mary Pickford, die ihn über den Atlantik geholt hatte, überwarf er sich zwar schon beim ersten - und letzten - gemeinsamen Film ("Rosita"). Für drei Jahre arbeitete der Deutsche nun für Warner, dann für Paramount und reüssierte mit Sex-Comedies schon in der Stummfilmzeit. Auch den Übergang zum Tonfilm, der vielen Regisseuren Schwierigkeiten bereitete, schaffte der stets am Neuen interessierte Lubitsch mühelos. Mitten in der Depressionszeit drehte er mit "The Love Parade" (1929) und "The Smiling Lieutenant" (1931) realitätsferne leichte Liebeskomödien, den Höhepunkt seiner Karriere stellen aber dann die Filme dar, die zwischen 1932 und 1943 entstanden.
Purer Lubitsch sind "Trouble in Paradise" (1932), "Design for Living" (1933), "Angel" (1937), "Bluebeard´s Eighth Wife" (1938) und "Ninotchka" (1939). – Spielerisch leicht inszenierte Liebesgeschichten über Schein und Sein, über Glück und Betrug sind das, in denen dramatische Situationen ironisch aufgelöst werden, das Pathos der Helden entlarvt wird, der Blick aber dennoch liebevoll bleibt. Verführerisch sind diese Filme, in dem was sie zeigen und vorführen: der Mode, den Frisuren, den Kulissen. - Mit den Besten ihres Faches arbeitete Lubitsch hier.
Feinen Witz entwickelten seine Komödien nicht aus dem breiten Ausspielen von Situationen, sondern aus kleinen Anspielungen, aus Details oder Auslassungen. – Türen sind ein zentrales Motiv in seinen Filmen. Ausgeschlossen wird der Zuschauer dadurch von der Handlung und muss sich selbst Gedanken darüber machen, was hinter der Tür geschieht. Elegant wird so mit der Erwartungshaltung des Publikums gespielt.
Die High Society ist die Welt seiner Filme. Statt um den schnöden Alltag geht es um das verfeinerte Leben, um Abendgesellschaften und Essen und Trinken und natürlich die Liebe und damit verbundene Verwicklungen. Nicht verwundern kann es, dass mehrere dieser in ihrer Eleganz und Operettenhaftigkeit gar nicht amerikanischen Filme dieses "Fürsten des Kinos" in Good Old Europe spielen. "Design for Living" beginnt in einem Zug nach Paris, "Trouble in Paradise" in Venedig und "Ninotchka" spielt in Paris. In einen Budapester Gemischtwarenladen entführt schließlich "The Shop Around the Corner" (1940) und die Nazi-Komödie "To Be or Not To Be " (1942) in das von den Deutschen besetzte Warschau. Dieses Meisterwerk spielt nicht nur im Theatermilieu, sondern überträgt dieses und dessen Maskeraden und Täuschungsmanöver auf das Leben. Das zeitgenössische Publikum goutierte dieses Spiel mit dem realen Schrecken freilich kaum.
Von einem Herzanfall im Jahre 1946 erholte sich Lubitsch nie mehr vollständig, arbeitete dennoch weiter und starb am 30.11.1947 im Alter von 55 Jahren an einem Herzinfarkt.
Läuft noch bis 31.12. 2007 im Filmpodium Zürich