"Die Gulaschhütte" von Jörg-Martin Willnauer

31. Oktober 2014 admin
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Der Klappentext: Jörg-Martin Willnauer, der Beutesteirer aus Heidelberg, hat Graz ein Denkmal gesetzt. Für ihn ist diese Stadt im Zentrum der Peripherie "the finest four-lettertown in the world". Die Typen, die sich im Dunstkreis der Gulaschhütte bewegen, gibt es auch in Wien, Köln und Bern. Aber nirgendwo leben sie so dicht beisammen wie in Graz. Was sich dort im Windschatten der Geschichte abspielt, ist universell provinziell und provinziell universell zugleich.

"Die Gulaschhütte" ist ein Stadtroman. Ein Stadtroman gegen Permafrust. Ob satirisch, sarkastisch oder nostalgisch – hier werden Eigenbrötler und Lokalitäten lebendig und bestätigen auf amüsante Weise, dass Satire nicht alles darf, aber vieles kann.

Meine Gedanken zu dem Buch: Es war 1981 als der Heidelberger J.-M. Willnauer nach Graz ging, um sich dem Studium der Komposition zu widmen. Und Graz widmete sich ihm. Nun revanchiert er sich mit einem speziellen, für ihn typischen, 128 Seiten langen Liebesbrief.

Es war nicht etwa die Weinstube "Zum verlorenen Sohn", nein, es war "Die Gulaschhütte" in der endete, was nie begann, nämlich die einst so hoffnungsvolle Karriere als Romancier alter Schule des Jorg-Martin Willnauer. In der Gulaschhütte, so erzählt Willnauer, konnte auch der Sandler in Ruhe rauchen, sich aufwärmen und sein Bier mit Kleingeld zahlen. Dort konnte man noch mehr, beispielsweise beispiellos sein Romanmanuskript nicht mehr wiederfinden.

Die Gulaschhütte in der Grazer Schlögelgasse 7 ist inzwischen Geschichte, sie musste vor einigen Jahren modernen Maisonetten weichen. Der Rest sind Geschichten, solche um über aber immer für Graz. Diese Geschichten sprechen nicht nur für sich, sondern auch mich sehr an. Fragt man Frauen, was sie an einem Partner besonders schätzen, über welche Eigenschaft ein Zukünftiger unbedingt verfügen sollte, so lautet die häufigste Antwort: über Humor. Wenn das tatsächlich so ist, wird sich Jörg-Martin Willnauer vor "Angeboten" kaum zu retten wissen. Willnauer ist nicht nur Autor, sondern auch Komponist, Dozent, Musiker, Pianist, Der kahle Sänger, Kabarettist und Trachtenskeptiker.

Der Stadtroman in 50 Bildern (so der Untertitel) ist eine Sammlung von klugen, kurzweiligen, interessanten und unterhaltsamen Geschichten. Willnauer beweist: Unterhaltsames kann durchaus auch lehrreich sein. Oder wissen Sie, was eine "schwarze Sau" ist, oder was geschehen kann, wenn die bescheinigte noch verbleibende kurze Lebenszeit ein Irrtum war. Plaudert man mit einem Pfarrer über Gott und die Welt oder auch über’s Vaterwerden ...? Willnauer ist ein Frustvertreiber, ein geschickter Geschichtenerzähler, ein guter Beobachter. Er kennt Beinaheliteraturnobelpreisträger und weiß um den Charme von Knäckebrot.

Doch lassen Sie sich nicht täuschen, ganz tief in seinem Inneren ist er ein ernsthafter und blitzgescheiter Denker!
GRAZie, Herr Willnauer!

Jörg-Martin Willnauer – Die Gulaschhütte
Verlag: styria regional
128 Seiten
ISBN-10: 3701201781
ISBN-13: 978-3701201785
18,99 Euro