Dichtelust – Formen des urbanen Zusammenlebens in der Schweiz

Das S AM Schweizerisches Architekturmuseum zeigt vom 24. November 2018 bis zum 5. Mai 2019 die Ausstellung «Dichtelust – Formen des urbanen Zusammenlebens in der Schweiz», die mit Unterstützung des Bau- und Verkehrsdepartements des Kantons Basel-Stadt entstanden ist. Die Ausstellung vermittelt, wie Dichte zur Lebensqualität einer Stadt beiträgt, also wie kompaktes Planen und Bauen einen Mehrwert schafft: für den Einzelnen, die Gesellschaft und die Umwelt. Der Ausstellungsbesucher wird dabei entlang der Museumsräume vom Vorurteil gegenüber Dichte zu ihren Möglichkeiten geführt.

ie Ausstellung greift als Erstes das Unwort «Dichtestress» auf und untersucht dann, wie es dieser Begriff – befeuert von Boulevardmedien und populistischer Politik – geschafft hat, in den Schweizer Alltagswortschatz einzugehen. Die Vorurteile gegenüber Dichte verlangen Erklärungen. Im ersten Raum der Ausstellung wird deshalb der Frage nachgegangen, wie Dichte definiert wird. Gezeigt wird aber auch, dass quantitative Messwerte (etwa die Ausnützungsziffer, die sich aus dem Verhältnis der Summe der Geschossflächen zur Grundstücksfläche ergibt) nicht ausreichen, um die Qualitäten der Dichte zu beschreiben. Gleiche Dichten (bzw. Ausnützungsziffern) können unterschiedliche Atmosphären beschreiben. So wird der Fokus verschoben: von den quantitativen Kriterien zum qualitativen Potenzial der Dichte.

Für den grossen Saal des Museums wurden 25 Architekturbüros kontaktiert und gebeten, Projekte einzusenden, bei denen durch Dichte ein Mehrwert geschaffen wird. Denn Dichte kann ein Gewinn für alle Beteiligten sein: So verringert sie den Ressourcenbedarf und verhindert die einseitige Nutzung (nur Arbeiten, nur Wohnen) sowie das Pendeln und den damit verbundenen motorisierten Individualverkehr. Eine dichte Mischnutzung, bei der quantitative gut mit qualitativen Kriterien der Dichte verbunden sind, fördert die Interaktion, Diversität und Effizienz. Die Best-practice-Beispiele veranschaulichen die Möglichkeiten dieserArchitektur: Sie streben alle eine hohe Belegung an, zeigen aber auch, wie Freiräume einen Ausgleich zur bebauten Fläche schaffen.

Der dritte und der vierte Ausstellungsraum sind der «Basler Dichte» gewidmet. Mit Unterstützung des Bau- und Verkehrsdepartements des Kantons Basel-Stadt wird
veranschaulicht, wie Basel heute verdichtet. Ein grosses Entwicklungspotenzial besteht hier in der Verdichtung und Optimierung der stark unternutzten Industrieareale. Sie sind eine wertvolle Reserve, die ein neuer Teil des Stadtraums werden kann. Die Planung und Kommunikation dieser Projekte stellen grosse Herausforderungen dar. Denn die steigende Dichte innerhalb der Stadt weckt oft Ängste in der Bevölkerung. Im Gegensatz dazu steht die positive Wahrnehmung der historischen Dichte und Verdichtung Basels, die in der Ausstellung anhand historischer Gemälde aufgezeigt wird. Beim Betrachten des mittelalterlichen Stadtkerns zeigen die dicht aufeinander gebauten barocken Stadtpalais und engen Gassen, wie Dichte im historischen Kontext positiv erfahren wurde und noch heute positiv erlebt wird.

Die Zielsetzungen der in diesen zwei Räumen präsentierten Basler Arealentwicklungen sind sehr unterschiedlich. Alle beabsichtigen aber, hohe Dichte in Qualitäten umzusetzen, die wie ihre historischen Vorgänger die Lust am Zusammenleben aktivieren. Abschliessend veranschaulicht eine raumgreifende Wandzeichnung der Illustratorinnen 3rei5ünf6echs die Stadt Basel mit den geplanten Arealentwicklungen. Das S AM wird zudem während der Ausstellung um eine Station erweitert: das Basler Stadtmodell in den Räumlichkeiten des Bau- und Verkehrsdepartements des Kantons Basel-Stadt an der Dufourstrasse 40 in Basel. Nach dem Ende der Ausstellung wird das Panorama von 3rei5ünf6echs in diesen Raum verlegt, um dort zusammen mit dem Stadtmodell allen einen Blick in die städtebauliche Zukunft Basels zu ermöglichen.

Zur Ausstellung erscheint im Christoph Merian Verlag die gleichnamige Publikation «Dichtelust – Formen des urbanen Zusammenlebens in der Schweiz» (240 Seiten, ISBN 978-3-85616-882-7, CHF 34). Der Ausstellungskurator Andreas Kofler erklärt darin zu Beginn, was Dichte bedeutet: die massvolle und kompakte Ausnutzung des bebaubaren Territoriums. Der Autor und Regisseur Thomas Haemmerli zeichnet danach mit einem Augenzwinkern die «15 Stationen zur Dichteaversion des Helveters» auf. Es folgen unter dem Titel «Jein» Politplakate zur Thematik, bevor Susanne Frank das Phänomen «Stadtdichte» in wissenschaftlicher aber gut verständlicher Art veranschaulicht. Die Fotoserie «Baugespanne» des Künstlers Pierre-Philippe Hofmann bietet etwas fürs Auge, lenkt den Blick aber auch auf für die Schweiz typische Bausituationen. Es folgt die «Dichteschau», in der 25 Schweizer Architektur- und Städtebaubüros anhand eines Projekts aufzeigen, wie sie verdichten. Unter dem Titel «Basler Dichte» wird als Erstes die historische Dichte anhand von Gemälden,die historische Szenerien Basels zeigen, behandelt. Die Architekturkritikerin Katharina Marchal hat dann mit Unterstützung der Dienststelle Städtebau & Architektur des Bau- und Verkehrsdepartements des Kantons Basel-Stadt eine Übersicht über die Arealentwicklungen in Basel erarbeitet. Gezeigt werden die Veränderungen am Bahnhof SBB, am Dreispitz, auf dem Roche- und dem Messeareal, im Westfeld, in Basel-Nord (Campus Novartis, Volta Nord und Ost), im Klybeck und im Hafen. Der Schutzumschlag des Buches ermöglicht den Blick in die städtebauliche Zukunft Basels: Die Illustratorinnen von 3rei5ünf6echs haben ein riesiges Panorama von Basel mit all seinen Arealentwicklungen gezeichnet, als wären diese schon realisiert.


Dichtelust – Formen des urbanen Zusammenlebens in der Schweiz
24. November 2018 bis 5. Mai 2019
Vernissage: 23. November 18, 19 Uhr