Der Raum zwischen den Personen kann die Decke tragen

Der in Berlin lebende Software-Entwickler Ivo Wessel hat eine unverwechselbare Sammlung zusammengetragen, die konzeptuelle Kunst mit bildhafter Erzählung vereint. Sein besonderes Gespür für Entdeckungen und seine Leidenschaft für eigenwillige Künstlerinnen und Künstler prägen die Sammlung ebenso wie sein starkes Interesse für Literatur und Film. Auffallend ist seine Faszination für das abgründig Groteske, aber auch für humorvolle und poetische Formen, was bereits im Ausstellungstitel anklingt: "Der Raum zwischen den Personen kann die Decke tragen".

Das Zitat aus seinem Lieblingsfilm von Wim Wenders "Der Stand der Dinge" (1982) beschwört die ästhetische Kraft der Kunst, Grenzen zwischen Realität und Erfindung radikal aufzuheben und neu zu denken. Zugleich verweist es auf die Eigenschaft der Kunst, Sinnzusammenhänge und Beziehungen zwischen den Menschen zu stiften. Gleich mehrere Videoarbeiten, Fotoserien und Objekte erzählen und (re)konstruieren eindrückliche Geschichten. Sie reichen von melancholischen bis hin zu überaus komischen Bildwelten. In ihrer Gesamtheit geben sie einen überraschend zutreffenden Einblick in unsere Gegenwart.

Einen besonderen Schwerpunkt bilden die Arbeiten von Via Lewandowsky. Mit ihrem politisch-grotesken Einfallsreichtum stehen sie in der Nachfolge von Dada und Surrealismus. Sein verknoteter Baseballschläger ist beides zugleich: absurder Witz und reale Bedrohung. Die Video- und Fotoarbeiten von Sven Johne beeindrucken durch ihren besonderen Erzählstil. Großformatige Seelandschaften, die eine idyllische Weite zeigen, hat er mit Augenzeugenberichten historischer Schiffsuntergänge überschrieben. In einer verstörenden und zugleich einfühlsamen Videodokumentation thematisiert Vandy Rattana die Nachwirkungen flächendeckender, amerikanischer Bombardements in Kambodscha. Diese sind in der zerstörten Landschaft bis heute sichtbar und leben in den Erinnerungen der Menschen fort.

Selbst in den streng minimalistischen Konzepten der Sammlung, von Anton Stankowski bis zu Mathieu Mercier und Karin Sander, wird (Kunst-)Geschichte neu erinnert und auf unverwechselbare Weise aktualisiert. Der Verlauf der Moderne, aber auch die politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen unserer Zeit werden in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit deutlich.

Ivo Wessel besaß von Beginn an eine besondere Vorliebe für Videokunst. In Berlin veranstaltet er zusammen mit Olaf Stüber die regelmäßige Reihe "Videoart at Midnight". Und auch in Bremen stellt er am 16. Dezember 2015 im Kino CITY 46 eine Auswahl seiner gesammelten Videoarbeiten aus 25 Jahren vor. In der Ausstellung kann der Besucher über eine speziell entwickelte Software interaktiv auf zwei Dutzend Videos zugreifen.

KünstlerInnen: Ken Adam, Marc Aschenbrenner, Sarah Baker, Marcel Buehler, Yvon Chabrowski, Susanne Fleischhacker, Sylvie Fleury, Frank Hesse, Jenny Holzer, Ottmar Hörl, Sven Johne, Rolf Julius, Manuela Kasemir, Via Lewandowsky, Enzo Maiolino, Christian Marclay, Bjørn Melhus, Mathieu Mercier, Tracey Moffatt, Lienhard von Monkiewitsch, Maurizio Nannucci, Stefan Panhans, Vandy Rattana, Hans Richter, Julian Rosefeldt, Adrian Sauer, Karin Sander, Luise Schröder, Florian Slotawa, Anton Stankowski, Sebastian Stumpf, Donata Wenders, Wim Wenders.


Der Raum zwischen den Personen kann die Decke tragen
5. Dezember 2015 bis 22. Mai 2016