Der Koch hat einen Spleen

2. Januar 2012 Kurt Bracharz
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Mit der Milz scheinen die Köche international nicht viel anzufangen können – diese Innerei kommt in vielen Koch- und Küchenbüchern überhaupt nicht vor, und in den anderen beschränkt sich die Verwendung von Kalbs- und Rindermilz als Hauptzutat auf drei Grundformen: In der österreichischen Küche kennt man Rindermilz als Bestandteil von Suppeneinlagen, auf Sizilien sind die Panini mit Milzaufstrich berühmt, die man auf der Vucciría in Palermo bekommt, und aus der jüdischen Küche kommt die Gefilte Milts.

Die meisten Rezepte gehen von der Milz in geschabtem Zustand aus: man kratzt die rote Masse mit einem Messer aus dem grauen Gewebesack heraus. So wird sie dann auch tiefgekühlt in Metzgereien verkauft.

Die Suppeneinlagen Milzschnitten, -schöberl, -knödel, -pastete und -roulade unterscheiden sich hauptsächlich in der Form, für alle wird die geschabte Kalbs- oder Rindermilz mit feingehackten Schalotten, Majoran, Petersilie, Salz und Pfeffer vermischt und dann entsprechend weiterverarbeitet: auf Semmelscheiben gestrichen und in heißem Fett ausgebacken (Milzschnitten), mit Eiern und Semmelbröseln zu kleinen Knödeln geformt und in Rindsuppe gekocht (Milzknödel), mit Biskuitschöberlmasse vermischt im Rohr gebacken (Milzschöberl) oder als Roulade in Teig gehüllt, gebacken und für die Suppe in Scheiben geschnitten. Auch Milzpofesen werden mit der angegebenen Milzmasse gefüllt, sind aber keine Suppeneinlage.

Für eine Milzsuppe wird geschabte Milz mit gehackter Zwiebel gut durchgebraten, mit etwas Mehl gestäubt, mit Fleischbrühe aufgegossen und durchgekocht, mit Muskatnuss gewürzt und mit Petersilie bestreut.

Das Vucciría-Fastfood pani ca’ meusa sind Sesam-Brötchen, gefüllt mit blättrig geschnittener Kalbsmilz und prumuni (Lunge), geschmort in Schweineschmalz, gewürzt mit grobem Meersalz und Zitronensaft. In der Küche kocht man für eine Palermitanische Milz blättrig geschnittene Kalbsmilz und halb soviel Kalbslunge mit Knoblauch, Zitrone und Stangensellerie eine halbe Stunde lang und schmort das Fleisch anschließend in Schweineschmalz mit Knoblauch. Serviert wird in Sesambrötchen mit Schafsricotta und Cacciocavallo-Spänen.

Für eine "Gefilte Milts" schneidet man eine Rindermilz taschenförmig auf, kratzt das Fleisch heraus, gibt eingeweichtes und ausgedrücktes Weißbrot, Eigelb, feingehackte, sautierte Zwiebeln, Semmelbrösel, Rindsnierenfett und Muskatnuss dazu, füllt die gut vermischte Masse wieder in die Tasche und näht diese zu. Dann wird sie mit Butter oder Öl bestrichen und im Rohr bei 180° C etwa zwei Stunden lang gebraten, wobei sie immer wieder mit heißem Wasser begossen werden muss. Nach einem israelischen Rezept kocht man die vernähte Tasche in Brühe gar; dann schneidet man sie erkaltet in Scheiben, die in Butter braun gebraten werden.

Eine Wurstspezialität aus Ober- und Niederbayern ist die Milzwurst, bei der es sich meistens um eine Brühwurst hauptsächlich aus Weißwurstbrät mit eingearbeiteten Rindermilzstückchen handelt. Es gibt auch eine Milzwurst-Variante, die der Gefilten Milts ähnelt, in deren Fülle sich aber Hirn und Bries befinden.

Übrigens: Auf Englisch heißt die Milz "spleen".