Déjà-vu?

Das Phänomen des Kopierens ist so alt wie Kunst selbst. Doch gerade im Zeitalter von "Copy & Paste" gewinnt die Frage nach dem Stellenwert von Kopien neue Aktualität. Die Staatliche Kunsthalle untersucht in einem Kooperationsprojekt mit der Staatlichen Hochschule für Gestaltung (HfG) Karlsruhe die vielfältigen Formen, Funktionen und Motive des Kopierens. Kompositionen von bekannten Meistern wie Albrecht Dürer oder Tizian wurden zu allen Zeiten von anderen Künstlern zum Vorbild genommen und kopiert.

Um die verschiedenen Facetten und Bedeutungen der Kopie sichtbar zu machen, spannt die Ausstellung erstmals den Bogen von der Kunst des späten Mittelalters über die Moderne bis zur zeitgenössischen Kunst und zur Welt des Internet. Zu sehen sind rund 120 Werke, unter anderem von Albrecht Dürer, David Teniers d. J., Eugène Delacroix, Edgar Degas, Vincent van Gogh, Giorgio de Chirico, Cindy Sherman, Hiroshi Sugimoto und Yinka Shonibare.

Ziel der Ausstellung ist es, Phänomene des Kopierens und Reproduzierens vom späten Mittelalter bis zur zeitgenössischen Kunst darzustellen. Es werden herausragende Beispiele aus sieben Jahrhunderten vorgestellt und miteinander in Beziehung gesetzt. Der Gang durch die Epochen macht deutlich, dass Kopien und Originale im Lauf der Zeit verschiedene Funktionen erfüllen und sehr unterschiedliche Wertschätzungen erfahren konnten. Gleichzeitig ermöglicht die historische Perspektive, Konstanten sichtbar zu machen und die Aktualität des Themas unter neuen Vorzeichen zu betrachten. Ziel der Ausstellung ist es, die Kopie nicht als bloße Wiederholung oder Abklatsch zu betrachten, sondern in ihrem ästhetischen und historischen Eigenwert zu würdigen. Die Ausstellung soll auch zu einer Standortbestimmung der Institution Museum beitragen. Als traditioneller "Ort der Originale" ist es heute mehr denn je dazu prädestiniert, die Kategorien "Original", "Kopie" und "Reproduktion" zu analysieren und aktuelle Fragen der Authentizität zu diskutieren.

Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphiken, Skulpturen und Fotografien, aber auch Rauminstallationen und Bilder aus dem Netz ergeben einen abwechslungsreichen Parcours. Albrecht Dürer, Lucas Cranach d. Ä. und Pieter Brueghel d. J. repräsentieren die Kopierpraxis in der Frühen Neuzeit. Für die kunstsinnige Markgräfin Caroline Luise von Baden im 18. Jahrhundert waren Kopien Grundlage zum Aufbau ihrer Sammlung und Vorlage für eigene Werke, so z.B. nach François Boucher. Das kreative Kopieren im 19. Jahrhundert wird unter anderem durch Werke von Eugène Delacroix und Vincent van Gogh anschaulich nachvollziehbar, während mit Franz von Lenbach die Auftragskopie zum Thema wird.

Kein Künstler hat den (post-)modernen Diskurs zu Originalität und Authentizität stärker angeregt als Marcel Duchamp, der seit den 1960er Jahren von Elaine Sturtevant, Richard Pettibone und Mike Bidlo weitergeführt wird. Künstler wie Yinka Shonibare und Hiroshi Sugimoto demonstrieren einen ebenso freien wie bewussten Umgang mit der künstlerischen Tradition. Mit dem Re-Inszenieren von Kunstwerken im Netz nimmt die Ausstellung aktuelle Diskussionen auf und setzt sie mit historischen Formen des Kopierens in Beziehung. Eine Kabinettausstellung im historischen Vorlegesaal der Kunsthalle ist der Popularisierung von Gemälden des 17. bis 19. Jahrhunderts in der Reproduktionsgrafik gewidmet.

Künstlerliste: Christian Adler, Claudia Angelmaier, Hubert Becker, Joseph Beuys, Mike Bidlo, Böhmischer Meister, François Boucher, Adolphe Braun, Pieter Brueghel d. Jüngere, Johann Friedrich Bury, Caroline Luise von Hessen-Darmstadt, Giorgio de Chirico, Hannah Cooke, Lovis Corinth, Gustave Courbet, Lucas Cranach d. Jüngere, John Scarlett Davis, Edgar Degas, Eugène Delacroix, Gilles Demarteau, Abraham van Diepenbeeck, Marcel Duchamp, Albrecht Dürer, Richard Earlom, Marie Ellenrieder, Henri Fantin-Latour, Anselm Feuerbach, Florian Freier, G.R.A.M., Katharina Gaenssler, Johann Geminger, Théodore Géricault, Vincent van Gogh, Francisco de Goya, Pierre Granoux, Aneta Grzeszykowska, Anton Hille, Hans Holbein d. Jüngere, Ernst Ludwig Kirchner, Kurprinzessin Auguste, Carl Le Feubure, Wilhelm Leibl, Franz von Lenbach, Kasimir Malevich, Eduard Manet, Henri Matisse, Israhel van Meckem, Meister der Karlsruher Passion, Claude Mellan, Jonathan Monk, Monogammist BM, Monogrammist HS, Klaus Mosettig, Ciprian Muresan, Célestin-François Nanteuil, Caspar Netscher, Niederösterreichischer Meister, Wenzel von Olmütz, Richard Pettibone, Marcantonio Raimondi, Peter Paul Rubens, Franz Joseph Sauerleute, Cindy Sherman, Yinka Shonibare, Hendrik Snyers, Sibylle Springer, Straßburger Meister, Thomas Struth, Elaine Sturtevant, Hiroshi Sugimoto, David Teniers d. Jüngere, Carl Ludwig Thuot, Gavin Turk, Carl Velten, Lucas Vorstermann, Johann Georg Wille

Déjà-vu?
Die Kunst der Wiederholung von Dürer bis YouTube
21. April bis 5. August 2012