Das Symphonieorchester Vorarlberg mit Chefdirigenten Leo McFall und Mezzosopranistin Corinna Scheurle "at their best"

22. September 2022 Martina Pfeifer Steiner —
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Im ersten Abokonzert des Symphonieorchester Vorarlberg bot Chefdirigent Leo McFall mit György Ligeti, Folk Songs von Luciano Berio und viel Schubert ein wohl konzipiertes Programm und der großartigen Mezzosopranistin Corinna Scheurle die exzellente Bühne, zur Freude des Publikums.

Den schwungvollen Auftakt bildete Ligetis Concert Românesc. György Ligeti wuchs in Siebenbürgen auf, nach Ende des Volksaufstands in Ungarn flüchtete er 1956 nach Wien (am Zentralfriedhof findet sich sein Ehrengrab). Die rumänische Kultur und Volksmusik prägte ihn zutiefst und das findet in diesem viersätzigen Orchesterwerk deutlichen Ausdruck. Das Stück wurde wegen einiger Dissonanzen (z.B. fis innerhalb von B-Dur!) 1951 als "politically incorrect" verboten und harrte zwei Jahrzehnte seiner Uraufführung. Die vielfältigen Melodien, die Ligeti bei seinen Reisen aufzeichnete, kommen kurzweilig rüber, differenziert und erzählerisch arbeitet der Dirigent die ländlichen Szenen lebhaft heraus.

Eine schöne Einstimmung für die anschließenden Folks Songs, arrangiert für Stimme, Flöte, Klarinette, Viola, Violoncello, Harfe und Schlagwerk. Der italienische Komponist Luciano Berio (1925–2003) vereint die Volkslieder aus aller Welt im großen Bogen und als Sammelsurium von Sprachen; mit überleitenden Zwischenspielen, denn Pausen sollten keine entstehen. Das ist der große Auftritt für Corinna Scheurle: barfuß, im roten, schlichten Samtkleid. So präsent und selbstverständlich nimmt sie den Raum ein, sie hat eine wunderbar kräftige, sehr berührende Mezzo-Stimme und eine angenehm-elegante Körpersprache. Man versteht intuitiv und emotional ... "I wonder as I wander out under the sky" ... "Loosin yelav ensareetz" (Der Mond geht über dem Berge auf) ... "Rossignolet du bois" (Kleine Nachtigall im Walde).

Im zweiten Teil kommt wieder das vollbesetzte Orchester auf die Bühne, die Sängerin nun in schwarzer Robe, noch immer barfuß. Für sie ist es ein erfreuliches Heimspiel, ist sie doch in Vorarlberg aufgewachsen – macht eine beachtliche Karriere über die Bayrische Staatsoper, zahlreiche Gastspiele, ist zurzeit Ensemblemitglied am Staatstheater Nürnberg – und trifft hier alte Bekannte im Symphonieorchester ... insbesondere ihre Schwester Julia, die in der ersten Reihe bei den Celli spielt.

Franz Schubert (1797–1828) hinterließ über 600 Lieder, deren kompositorische Raffinesse Komponisten wie Franz Liszt, Max Reger oder Jacques Offenbach anregte, sie für Orchester zu bearbeiten. Das Thema des Abends, nämlich Volksmusik, ist da schon etwas weiter gefasst. Corinna Scheurle: "Das ist ein großer Kontrast zum vorhergehenden Werk und es ist für mich eine Freude diese ausgewählten Lieder mit Orchester zu singen, meistens bleibt es ja beim Klavier."

Schubert war 18 Jahre alt, als er seine 3. Sinfonie schrieb. Nach 65 Takten musste sein Komponieren für einige Wochen unterbrochen werden, weil das Notenpapier ausging, doch insgesamt brauchte er für die 56 Blätter nur neun Tage. Die Sinfonie entstand für ein Liebhaberorchester bei dem er selbst die Bratsche spielte. Zum ersten Mal im Konzertsaal war sie aber erst 66 Jahre später in London auf Initiative des Musikforschers George Grove zu hören. Der große Schubert-Herausgeber Johannes Brahms wiederum, bescheinigte den sogenannten Jugendsinfonien keinen hohen künstlerischen Wert und war der Meinung, sie "sollten nicht veröffentlicht, sondern nur mit Pietät bewahrt und vielleicht durch Abschriften mehreren zugänglich gemacht werden". Leo McFall führt die selten gespielte Symphonie hingegen „mit Genuss auf“. Sie sei voller Leichtigkeit, spontan und von transparentem Klang, rhythmischem Schwung, auch Dramatik, vergleichbar "einem Fresko an der Wand, nicht wie ein schweres Ölgemälde". Und genau das vermag der Dirigent mit seinem Orchester zu vermitteln. Ein inspiriertes, begeistertes Publikum dankt mit nicht enden wollenden Applaus.