Das Henderson-Ding!

13. Juni 2012 Rosemarie Schmitt
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Sie hat eine wunderbar warme, reife und klare Stimme, wie gemacht für Jazz-Songs. Daß sie ihre Musik selbst textet und komponiert, zeichnet sie besonders aus! Doch weshalb um alles in der Welt orientiert sie sich dann an Weltbekanntem und schreibt, was in der Art bereits erfolgreich, äußerst erfolgreich war? Das fragte ich mich, nachdem ich die ersten Takte des ersten Tracks ihres neuen Albums gehört hatte. "The Evil eye" ist ein James-Bond-Titel-Song par excellence, und zwar noch bevor Caroline Henderson ihre Stimme erhebt.

Okay, die Lady an die Henderson erinnert, sicher nicht unbeabsichtigt, ist Shirley Bassey (die übrigens nur 3 Bond-Titelsongs interpretierte!), und da diese bereits 75 Jahre ist, ist es legitim an eine Nachfolge zu denken, dennoch ist mir wirklich Neues lieber als Altbekanntes. Außerdem: eine Bassey ist eine Bassey ist eine Bassey! Caroline Henderson mangelt es nicht an Potential und Können, Neues auf die Beine zu stellen. Was sie sowohl mit ihren vorherigen Alben als auch mit einigen der Titel von "Jazz, Love & Henderson" durchaus beweist. Da steckt doch noch viel mehr drin als Bond!

Wissen Sie, daß "unsere" Katja Ebstein auch einen Titel zu einem James-Bond-Film gesungen hat? Im "Geheimdienst Ihrer Majestät" sang sie 1969 "Wovon träumt der Weihnachtsbaum im Mai"! Sean Connery war damals James Bond und wahrscheinlich wenig interessiert an einer Antwort. John Barry und Kurt Hertha schrieben den Text, und produziert wurde der Weihnachtsbaum von Siegfried E. Loch (der wahrscheinlich froh ist, nicht Siegfried A. zu heißen).

Was Carolin Henderson mit Shirley Bassey verbindet, sei ihr unverwechselbarer Stil, sagt SONY, weil Bassey so lässig und zugleich eindringlich sang wie Henderson das heute tut. Und das ist genau was mir mißfällt, daß man sie mit Bassey verwechselt, verwechseln könnte, denn bei genauem Hinhören stellt man fest, daß Henderson sehr wohl Besonderes und Unverwechselbares hat, wenn sie eben ihr Ding macht! Der Titel "Calamity Lane" zum Beispiel ist so ein Henderson-Ding, oder "The world goes around", ein Song, der die Zuhörer auf ein Karussell eines sentimentalen Jahrmarktes zu entführen scheint. "I am she"! Nein, Frau Henderson, auch wenn sie es noch so eindringlich und militaristisch singen, Sie sind nicht she! Sie sind nicht Shirley Bassey! Sie sind Caroline Henderson, und Sie sind verdammt gut, vorausgesetzt Sie machen Ihr Ding! "Time is forever young" ist ein besonders stimmiges und unverwechselbares Henderson-Ding. Einfach großartig!

In welchem Land lebt die Jazz-Sängerin Caroline Henderson? Wenn Sie diese Frage bis zum kommenden Mittwoch (klassik@habmalnefrage.de) beantworten, ist "Jazz, Love & Henderson" vielleicht bald Ihr Ding!

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt