Das Bild und sein Rahmen

Von 15. Mai 09 bis 12. Jänner 10 präsentiert das Wiener Liechtenstein Museum die Ausstellung "Halt und Zierde, die einen Querschnitt durch die Geschichte und die Typologie des Rahmens vom späten Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert zeigt. Beleuchtet werden auch die unterschiedlichen Techniken von der konstruktiven Holzarbeit bis zur Fassung, Vergoldung oder Patinierung.

Etwa 100 Objekte aus den eigenen Beständen werden ergänzt durch Werke bedeutender Privatsammlungen in England, Frankreich und Deutschland sowie durch Leihgaben von Museen aus dem In- und Ausland. Den Besucher erwarten – in vielen Fällen der Öffentlichkeit vollkommen unbekannte – Originalrahmen der Fürstlichen Sammlungen, oft spektakuläre Einzelstücke: ein monumentaler Tondo aus dem 15. Jahrhundert, ein barocker Spiegelrahmen römischen Ursprungs von gewaltigen Dimensionen, ein Bilderrahmen nach einem Entwurf Gian Lorenzo Berninis, ein reich beschlagener Ebenholzrahmen Massimo Soldani-Benzis sowie entsprechende Gegenstücke österreichischer Provenienz.

Die Ausstellung illustriert das Phänomen des Rahmens im Kontext mit Möbeln, Metallarbeiten, Majoliken, Textilien und Porzellanen sowie Zeichnungen und Ornamentstichen bis hin zu kostbar gefassten Miniaturen. Einige der vergoldeten oder gefassten Rahmen können noch mit den Bildern gezeigt werden, für die sie geschaffen wurden, Bronze- oder Terrakottareliefs in ihren Originalrahmen runden das Bild ab. Die Schau widmet sich aber nicht nur dem Thema des Bildes in derartigen Rahmen, sondern auch den spannenden Facetten von deren Verwendung im Kontext historischer Galeriehängungen und im heutigen Alltag musealer Präsentation.

1705 schuf Giovanni Giuliani im Auftrag von Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein die Rahmen für den Decius Mus-Zyklus des Peter Paul Rubens mit ihren mächtigen, aufwändig geschnitzten und massiv vergoldeten Bekrönungen. Für das Schloss in Feldsberg, die zentrale Residenz der Familie Liechtenstein in Südmähren, wurden für die Barockgalerie sogar Papiermascheerahmen gefertigt, die farbig gefasst und vergoldet worden sind, offenbar um rasch und unter Wahrung ökonomischer Aspekte die dortige Galerie möglichst eindrucksvoll zu präsentieren.

Fürst Johann I. von Liechtenstein liess für die Neuhängung der Galerie im ehemaligen Sommerpalais in der Rossau beinahe den gesamten Bestand an dort präsentierten Gemälden im klassizistischen Geschmack neu rahmen; noch heute tragen viele der Rahmen im Liechtenstein Museum stolz sein liegiertes Monogramm JL. Sogar Tapisserien wurden wie Bilder mit Rahmen fest in die Wanddekoration integriert. Viel Mühe und Geld investiert das Liechtenstein Museum heute nicht nur in den Ankauf von Kunstwerken, sondern auch in deren Präsentation – in vorderster Linie eben auch in die Rahmungen. So konnten in den letzten Jahren wichtige Beispiele der Renaissance und des Barock, unter anderem die bereits erwähnten Beispiele von Gian Lorenzo Bernini und Massimo Soldani-Benzi dem Bestand der Fürstlichen Sammlungen hinzugefügt werden.

Rahmungen gibt es bereits bei römischen Wandbildern, die Ausblicke in Phantasielandschaften preisgeben, am Beginn der abendländischen Tafelmalerei wurden sie häufig in das Bild selbst integriert. In der Renaissance erlebte der eigenständige Rahmen eine erste Blüte und trug wesentlich zur Individualisierung des Bildes bei, das den Betrachtern ab diesem Zeitpunkt immer mehr als autonomes Kunstwerk entgegentrat.

Eine gänzlich andere Sichtweise setzte sich im Barock durch: die Galeriehängung, bei der die einzelnen Gemälde – nur durch zarte Leisten getrennt – nach Grösse und Symmetrien geordnet ganze Wände "tapezierten". Wurde dann am Ende des 18. Jahrhunderts von den Sammlern durch die einheitliche Rahmung in Galerierahmen die Individualität des einzelnen Werkes wieder respektiert, versuchten spätere Entwicklungen noch einen Schritt weiter zu gehen und dem Bild wieder den Rahmen seiner Entstehungszeit zurückzugeben. Es lag nahe, dass man dieses Ziel im Historismus vor allem durch Kopien historischer Vorbilder zu erreichen versuchte.

Die "Revolutionen" des 20. Jahrhunderts machten auch vor der Rahmung nicht Halt, die Neuordnung bedeutender Galerien in den Fünfziger- und Sechzigerjahren (Florenz, Uffizien; Verona, Castellvecchio – 1959–1973) durch Carlo Scarpa, der alle Rahmen verdammte und die Bilder blank, die Altäre zerlegt und die Leinwandbilder nackt auf ihren Keilrahmen präsentierte, übten, unverstanden, auch auf kleinere, provinziellere Galerien grossen Einfluss aus.

Die spätere Folge war eine neuerliche Rückbesinnung auf den Wert historischer Rahmen vor allem im englischen Sprachraum, der von diesem Modernismus der Alten Welt weitestgehend verschont geblieben ist. Dieser Rückbesinnung schloss sich auch das Liechtenstein Museum seit seiner Wiedereröffnung 2004 an, wo der Rahmung der Gemälde grösster Wert beigemessen wird: Rahmung und Präsentation unterstützen das Bild in seiner Wirkung und Intention und erleichtern so seine Rezeption.


Halt und Zierde. Das Bild und sein Rahmen
15. Mai 2009 bis 12. Jänner 2010