Das Architekturmodell – Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie

Das DAM präsentiert 300 Modelle von über 100 Architekten im gesamten Haus - erstmalig werden Architekturmodelle der Gegenwart systematisch erforscht. Die über alle Etagen des Museums reichende Ausstellung zeigt, auf welche Weise Architekten seit etwa 1920 mit Architekturmodellen gearbeitet haben und was die neuesten Entwicklungen sind. Auf Basis intensiver Forschungsarbeit, die durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain ermöglicht wurde, werden Architekturmodelle in ein neues Licht gerückt: Sie dienen Architekten als Werkzeuge, Fetische oder zum Erproben von Utopien.

Die circa 300 Exponate der Ausstellung stammen zu einem Drittel aus der Sammlung des DAM. Zu den Höhepunkten zählen die Statik-Hängemodelle von Frei Otto sowie zwei riesige, jeweils zwölf Quadratmeter große Modelle von Rem Koolhaas zu städtebaulichen Planungen in Paris La Villette (1983) und Melun-Sénart (1987).

Zwei Drittel der Exponate sind Leihgaben, beispielsweise aus dem Museum of Modern Art, New York, dem FRAC Centre Orléans, dem Deutschen Museum München und aus mehreren Berliner Architektursammlungen. Auch viele Architekten unterstützen die Ausstellung durch Leihgaben: So werden von Herzog & de Meuron aus Basel rund 50 Arbeitsmodelle zum Prada-Store in Tokyo gezeigt. Von den Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank aus Berlin werden in einem magisch anmutenden dunklen Kabinett hinterleuchtete Styrodurmodelle präsentiert. Zu den herausragenden Leihgaben zählen die drei Modelle aus dem MoMA in New York: Das älteste noch erhaltene Modell von Mies van der Rohe zum Resor House (1937–1947) und ein in Bronze ausgeführtes Architekturmodell (1955) zum berühmten Seagram-Hochhaus, ebenfalls von Mies van der Rohe. In New York, gegenüber dem Seagram Building, steht das Lever House (1949–52), der erste Wolkenkratzer mit einer Curtain-Wall-Fassade. Das erhaltene Modell von 1952/53 reist ebenfalls aus dem MoMA ins DAM.

Viele "Premieren": Zahlreiche Modelle wurden auf Dachböden, in Lagerhallen und Modellbau-Werkstätten aufgespürt und werden in der DAM-Ausstellung erstmals zu sehen sein. Ein besonders spektakulärer Fund ist ein spiralförmiges Hochhaus-Modell aus dem Jahr 1963/64, das der Architekt Conrad Roland in den vergangenen 24 Jahren bei einer Berliner Spedition eingelagert hatte. Die Ausstellung zeigt Modelle aus den unterschiedlichsten Materialien. Traditionell werden Modelle aus Holz oder Karton gefertigt. Zu den kuriosesten Stücken zählen Wachsmodelle, die in einem Wasserbecken geformt wurden, und Styropormodelle, die der Architekt Franz Krause mit einer brennenden Kerze verschmolzen hat. Eigens für die Ausstellung wurde ein 3D-Drucker erworben. Mit dieser Technologie können seit einigen Jahren Architekturmodelle in einem Arbeitsgang aus Kunststoff hergestellt werden.

Zu den meisten Modellen aus der DAM-Sammlung aber auch zu vielen Leihgaben wurden Einzelrecherchen durchgeführt, die den ursprünglichen Entstehungszusammenhang der Modelle rekonstruieren: Was genau war der Zweck, für den die Modell gebaut wurden? Welche Materialien wurden aus welchen Gründen verwendet? Wer waren die Modellbauer? In welchen Publikationen waren die Modelle abgebildet und in wieweit tragen die Fotos zur Interpretation der Modelle (und natürlich der geplanten Bauwerke) bei? In einigen Fällen wurden Zuschreibungen und Datierungen korrigiert. Zu einem sehr wichtigen und bekannten Modell der DAM Sammlung muss die "Modellgeschichte" und damit die Provenienz korrigiert werden: Es kann nicht mehr länger als "Originalmodell" der 1920er Jahre bezeichnet werden.

Mit Modellen von:
Raimund Abraham; Emilio Ambasz; Paul Andreu; Archigram; Barkow Leibinger; Otto Bartning; BeL; Béla Berec; Helge Bofinger; Gottfried Böhm; Roger Boltshauser; Donato Bramante \ Bernd Grimm, Arno Brandlhuber und Bernd Kniess; Jean-Louis Chanéac; Lluís Clotet \ Oscar Tusquets Blanca; Theodore Conrad; Dieter Cöllen; Richard J. Dietrich; Wolfgang Döring; Peter Eisenman \ Richard Serra; EM2N; Klaus Ethner; Fink + Jocher; Norman Foster; Giefer und Mäckler; Hermann Giesler; Gigon \ Guyer, Herbert Goertz; Bruce Goff; Julian Harrap; Haus-Rucker-Co; Henn Architekten; Herzog & de Meuron; Nikolaus Hirsch, Wolfgang Lorch, Andrea Wandel; Hans Hollein; HPP; Hufnagel Pütz Rafaelian; Friedensreich Hundertwasser; Christoph Ingenhoven; Arata Isozaki; Walter Jonas; Louis I. Kahn; Kandor Model Makers; Christian Kerez; Josef Paul Kleihues; Hans Köhler; Rüdiger Kramm; Kraus Schönberg; Franz Krause; Andreas Kretzer \ Dennis Röver; Rob Krier;, Uwe Laske; Lederer Ragnarsdóttir Oei; Heinrich Lindenbeck; Christoph Mäckler; Peter Märkli; Mass Studies; Merete Mattern; Marcel Meili; Markus Peter, Meixner Schlüter Wendt; Erich Mendelsohn; Mies van der Rohe; Charles Moore \ August Perez & Associates; Rem Koolhaas \ OMA; Frei Otto; Oda Pälmke; Pei, Cob, Freed & Partner; Pysall; Stahrenberg & Partner; Dumeng Raffainer; Heinz Rasch; Wolfgang Rathke; Bruno Reichlin \ Fabio Reinhart; Eckhart Reissinger; Conrad Roland; Aldo Rossi; Sergius Ruegenberg; Giovanni Sacchi; Alfred Schmid; Axel Schultes und Charlotte Frank; Wolfgang Schulze, Hans Uwe Schultze; Otto Ernst Schweizer \Anton Schäffer; SITE; Skidmore, Owings & Merrill; Robert A. M. Stern; James Stirling; Heinz Tesar; Oswald Mathias Ungers; Makoto Sei Watanabe; Karl Wimmenauer; Christof Wurzer; Peter Zumthor; Zaborowsky Modellbau.

Die Ergebnisse der Forschungsarbeit und der Modellrecherchen sind in der Ausstellung und dem reich bebilderten Katalog zu finden, der im Verlag Scheidegger & Spiess erscheint. Für den Katalog wurden nahezu alle 102 Exponate aus der DAM-Sammlung aber auch etliche Leihgaben eigens neu fotografiert.

Das Architekturmodell
Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie
25. Mai bis 16. September 2012