Daigo-ji – Der Geheime Buddhismus in Japan

Erstmals sind die großartigen Tempelschätze eines der ältesten Klöster Japans in Deutschland zu sehen: Daigo-ji. Die Ausstellung zeigt 240 herausragende Werke, darunter großformatige Skulpturen, wertvolle Gemälde und Bildrollen, kostbare Lackarbeiten, kunstvolle Kalligraphien, Sutren – die heiligen Schriften des Buddhismus – von unschätzbarem Wert. Sie sind nicht nur als Kunstobjekte zu bewundern, sondern sollen auch als Gebrauchsgegenstände einer bis heute praktizierten Religion erfahrbar werden.

Die Klosteranlage Daigo-ji auf dem Berg Kasatori im Süden der alten Kaiserstadt Kyoto blickt auf eine über 1100 Jahre währende Geschichte zurück. Seit ihrer Gründung im Jahre 874 n. Chr. hat sie sich bis in unsere Zeit als eines der bedeutendsten religiösen Zentren und Wallfahrtsort erhalten. Das Kloster Daigo-ji war seit jeher nicht nur ein Zentrum für Studien der buddhistischen Religion, sondern auch der Philosophie und der Medizin. Das religiöse Charisma der Mönche kommt in einer Vielzahl von Legenden und Mythen zum Ausdruck. Die politische Bedeutung, die der Tempel und Wallfahrtsort seine langjährige Geschichte hindurch bewahrt hat, wird in seiner Architektur und in seiner Sammlung durch eine große Anzahl von Objekten sichtbar. 1994 wurde die Klosteranlage Daigo-ji zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben.

Spektakulär in dieser Ausstellung ist die Vielzahl der Kulturschätze, die unter dem nationalen Kulturschutzgesetz extrem selten Japan verlassen. Diese einmalige Sensation ist einerseits durch eine enge Kooperation mit dem Leihgeber und dem Nationalmuseum Japans, andererseits durch den hohen technischen Standart der Bundeskunsthalle erstmals möglich geworden. Noch nie war eine so hohe Anzahl geschützter Kulturgüter in einer Ausstellung außerhalb Japans zu sehen.

Die japanischen Kulturschätze werden von der japanischen Kulturbehörde "Agency for Cultural Affairs" in drei Kategorien unterteilt: Nationalschatz, Wichtiges Kulturgut und Wichtiges Kunstobjekt. Allein 13 Nationalschätze werden nach Bonn gebracht, die illuminierten Sutren aus dem 8. Jahrhundert, seltene, bis zu 3 m große Malereien aus dem 11. bis zum 13. Jahrhundert und Handschriften der alten Kaiser umfassen. Weiterhin beinhaltet die Ausstellung 93 Wichtige Kulturgüter, unter anderem hervorragende Skulpturen, Malereien bis zu 6 m Höhe, große Mandalas und in Goldtusche geschriebene Schriften des Geheimen Buddhismus sowie typisch japanische Stellschirme aus dem 17. Jahrhundert mit prachtvoller Goldverzierung. Künstlernamen wie der des Bildhauers Kaikei (12/13. Jh.) und dem Maler Tawaraya Sotatsu (17. Jh.) zieren den kunsthistorischen Horizont.

Unter den zahlreichen kulturhistorischen Ausstellungen ist eine zu einer großen Sammlung aus Japan selten, weil die japanische Kunst Werke aus Papier und Holz von hoher Fragilität hervor gebracht hat, deren Sensibilität schwer mit einem langen Transport zu vereinbaren ist. Wenig bekannt ist jedoch, welch monumentale Formate die Skulpturen aus Holz annehmen können, welch feine Dekorationen auf Papier möglich sind. Die Ausstellung präsentiert erstmalig außerhalb Japans eine der größten buddhistischen Kunstsammlungen, die mehr als ein Jahrtausend überspannt. Die Ausstellung ist wegen der Fragilität der Exponate zeitlich begrenzt und wird exklusiv in Bonn gezeigt.

Der Terminus "Geheimer" Buddhismus klingt zuerst befremdend, jedoch ist dies die direkte Übersetzung des in Ostasien gebräuchlichen Namens für den esoterischen Buddhismus. Das japanische Wort "mikkyo" (chin. mijiao) bezeichnet den gesamten Geheimen Buddhismus in Japan, China und Korea. Es besteht aus dem Schriftzeichen "mi", das für das Geheime, aber auch für Intensität und Intimität steht, und dem Zeichen "kyo", das "Lehre" bedeutet. Viele Gläubige und Geistliche der Schule in Japan verstehen ihre Lehre als den besonders "intimen" Buddhismus – "intim" im Sinne vom "dem Buddha nahe sein".

Die Ausstellung gibt eine Einführung in den japanischen Shingon-Buddhismus und präsentiert das Bergkloster Daigo-ji als einen Kulturträger ersten Ranges. Sie zeigt auf, wie sich die Hauptwege der Religion in Kunst und Geschichte widerspiegeln. Die ungewohnte Bildersprache des esoterischen oder Geheimen Buddhismus wird in ihrem Bezug zur Glaubenslehre, in der Entstehung ihrer Symbolik und in ihrer rituellen Bedeutung verständlich gemacht. Die Kunst des Shingon-Buddhismus erscheint wegen der Vielfalt der Heilsgestalten und ihrer ungewohnten Formen zunächst häufig unverständlich. Deshalb konzentriert sich die Ausstellung gezielt auf Heilsfiguren aus dem Pantheon, die im engen Zusammenhang mit dem Tempel Daigo-ji stehen, und bringt so die Grundstruktur der Bildlichkeit nahe.


Tempelschätze des heiligen Bergs
Daigo-ji – Der Geheime Buddhismus in Japan
25. April bis 24. August 2008