Cannes 2013: Ein Festival der Franzosen und US-Amerikaner

15. Mai 2013
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19 Filme konkurrieren im Wettbewerb des 66. Filmfestivals von Cannes (15. bis 26. Mai 2013) um die Goldene Palme, fast die Hälfte davon kommt aus den USA und Frankreich, die restliche Welt spielt eher eine Nebenrolle.

Schon länger bekannt ist, dass das Filmfestival von Cannes am 15. Mai mit Baz Luhrmanns Neuverfilmung von "The Great Gatsby" eröffnet wird. Der Trailer lässt opulentes Kino erwarten, wie es der Australier schon mit "Moulin Rouge" oder "Australia" geboten hat, dazu kommt dieses Mal aber 3D.

Im Wettbewerb, dessen Jury von Steven Spielberg geleitet wird, geben rein zahlenmäßig eindeutig Frankreich und die USA den Ton an. Die "Grande Nation" ist mit Arnaud Desplechins "Jimmy P", Francois Ozons "Jeune et Jolie", Arnaud Despallieres "Michael Kohlhaas", Abdellatif Kechiches "La vie d´Adele" und – als einziger Frau im Wettbewerb - Valeria Bruni-Tedeschis "Un chateau en Italie" vertreten.

Als französische Produktionen starten aber auch Roman Polanskis Verfilmung des Broadwaystücks "Venus in Fur", Nicolas Winding Refns mit Spannung erwarteter Thriller "Only God Forgives", in dem wie schon in "Drive" wieder Ryan Gosling die Hauptrolle spielt, sowie "The Past", der neue Film des iranischen Berlinale-Siegers Asghar Farhadi ("Nader und Simin – Eine Trennung"). Deutlich wird hier auch die Rangordnung der Festivals, denn Farhadi hat sich offensichtlich mit seinen beiden letzten zwei erfolgreich bei der Berlinale präsentierten Filmen für eine Einladung an die Côte d´Azur empfohlen.

Claire Denis wurde mit ihrem neuen Film "Les Salauds" "nur" in die Nebenreihe "Un certain regard" eingeladen, außer Konkurrenz läuft mit "Blood Ties" zudem noch der erste amerikanische Film des Franzosen Guillaume Canet.

Aus den USA wurden ausschließlich bekannte Namen eingeladen. Die Coen-Brüder widmen sich in ihrem in den 1960er Jahren spielenden "Inside Llewyn Davis" dem Folkmusiker Dave van Ronk, während James Gray in seinem lange erwarteten und mehrfach umgetitelten "The Immigrant" mit Joaquin Phoenix, Jeremy Renner und Marion Cotillard eine amerikanische Immigrationsgeschichte der 1920er Jahre erzählt.

Alexander Payne zeigt mit "Nebraska" ein schwarzweißes Roadmovie und Steven Soderbergh, dessen Karriere 1989 an der Côte d´Azur mit seinem Debüt "Sex, Lügen und Videos" begann, wurde mit "Behind the Candelabra" eingeladen. Dies könnte man auch als Verbeugung vor dem Amerikaner sehen, dessen vielleicht letzter Film dies sein könnte, wenn er seine Ankündigung wahr macht, sich von der Filmregie ab- und der Malerei zuzuwenden. Nachnominiert wurde Jim Jarmuschs neuer Film "Only Lovers Left Alive", in dem die Ikone des US-Independentfilms mit Tilda Swinton und Mia Wasikowska in den Hauptrollen dem Vernehmen nach eine romantische Vampir-Geschichte erzählen soll.

Überraschend nicht im Wettbewerb, sondern in "Un certain regard" findet sich Sofia Coppola, deren "The Bling Ring" diese Reihe eröffnet, für weitere amerikanische Präsenz außer Konkurrenz sorgt "Margin Call"-Regisseur J.C. Chandor mit seinem dialoglosen Ein-Mann-Film "All is Lost", in dem Robert Redford allein auf dem Meer ums Überleben kämpft.

Nicht viel Platz bleibt bei dieser geballten französischen und amerikanischen Präsenz für Filme aus anderen Ländern. Aus Italien kommt "La grande Bellezza" von Paolo Sorrentino, die Niederlande sind überraschend mit "Borgman" von Alex van Warmerdam vertreten, der zwar schon seit den 1980er Jahren Filme macht, aber nie den großen Durchbruch schaffte.

Aus Afrika wurde ebenso wie aus Lateinamerika nur ein Film in den Wettbewerb eingeladen. Während dabei der aus dem Tschad stammende Mahamat-Saleh Haroun, der "Grisgis" ins Palmenrennen schickt, der gegenwärtig vielleicht wichtigste Regisseur des afrikanischen Kontinents ist, kommt aus Lateinamerika mit dem mexikanischen "Heli" ein Film des noch wenig bekannten Amat Escalante.

Eher schwach ist mit drei Filmen auch die Präsenz Asiens. Kontrastprogramm versprechen hier die beiden japanischen Beiträge. Rasante Action darf man von Takashi Miikes "Wara no Tate" erwarten, während Hirokazu Kore-eda, der "Soshite Chichi Ni Naru" präsentiert, für leise Töne berühmt ist. Dritter im Bunde ist der Chinese Zhangke Jia mit "Tian Zhu Ding".

Wie gewohnt stellt bei diesem renommiertesten Filmfestival der Welt wie auch bei anderen Festivals der Wettbewerb nur die Spitze des Eisbergs dar. Auch die Nebensektionen haben einiges zu bieten. In "Un certain regard" finden sich neben den schon genannten Filmen von Denis und Coppola mit "Anonymous" und "Norte, hagganana Ng Kasaysayan" unter anderem neue Filme des Iraners Mohammad Rasoulof und des Philippino Lav Diaz, die "Quinzaine des realisateurs" wird mit Ari Folmans ("Waltz with Bashir") "The Congress" eröffnet, wartet aber unter anderem auch mit neuen Werken der Altmeister Alejandro Jodorowsky ("La danza de la realidad") und Marcel Ophuls ("Un voyageur")auf.

Auffallend ist insgesamt die schwache Präsenz Mitteleuropas mit den deutschsprachigen Ländern, Osteuropas und Großbritanniens. Während schon länger klar war, dass Lars von Triers zweiteiliger "Nympomaniac" aufgrund der Vorfälle bei der Pressekonferenz von "Melancholia" vor zwei Jahren, aber auch aus Zeitgründen, nicht in Cannes starten wird, fällt auf, dass zahlreiche im Vorfeld als potentielle Cannes-Starter gehandelte Filme wie Atom Egoyans "The Devils Knot", Steve McQueens "Twelve Years a Slave", Kelly Reichardts "Night Moves" und Jean-Luc Godards "Adieu au langage", aber auch Götz Spielmanns "Oktober November" oder Hubert Saupers "We Come as Friends" im Line-up fehlen. - Zahlreiche potentielle Titel für die Herbstfestivals von Venedig, Toronto und San Sebastian scheint es damit schon zu geben.

Teaser zum Filmfestival Cannes