Bruce Conner. Sämtliche Filme

Der Filmemacher und bildende Künstler Bruce Conner (1933-2008) gehört zu den weltweit populärsten Protagonisten des unabhängigen Kinos, was insofern nicht verwundert, als Werke wie "Cosmic Ray" (1962), "America Is Waiting" (1981) oder "His Eye Is on the Sparrow" (2006) zum schlicht Unterhaltsamsten wie Berührendsten in der Geschichte des Mediums zählen. Gleichzeitig war Conner einer der wenigen genuinen Erneuerer des Films – angefangen mit dem ohne Kamera (und im Alter von 25 Jahren) verfertigten Meisterwerk "A Movie", das in der Found-Footage-Tradition eine ähnliche Rolle spielt wie das Neue Testament im Christentum.

Kein Filmemacher vor Conner hat auf so konsequente und vielfältige Weise mit Fremdmaterial gearbeitet: Von "A Movie" über "Marilyn Times Five" bis zu Proto-Musikvideos wie "Mongoloid" oder Mea Culpa fand er stets neue Strategien des produktiven Auseinandernehmens und Zusammenfügens – um aus dem Zivilisationsschrott der Laufbilder noch einmal rare Momente der Weisheit und Schönheit zu schöpfen. Mal steigert er sich in Tex-Avery-artigen Pop-Surrealismus, mal ins Spirituell-Visionäre (à la Jim Morrison); mal rast er funkensprühend an die Grenze zum Kalauer (wie in "Permian Strata") und findet sofort wieder einen geheimnisvoll-innigen Tonfall, der Proust’sche Gefühlslagen evoziert – wie etwa im 70er-Jahre-Diptychon "Take the 5:10 To Dreamland" und "Valse Triste".

All dies wird angetrieben durch eine gehörige Portion US-Skepsis – der Schock der Kennedy-Ermordung saß tief ("Report", 1963-67) und wirkte noch Dekaden später nach ("Television Assassination", 1995). Dieser Kultur war alles zuzutrauen. Allein der Wille zu sehen verheißt Rettung oder spendet zumindest Trost: Der Buddhismus ist ab den späten 60ern in Conners Werken präsent, ebenso die Suche nach Schlüsseln zu den Pforten der Wahrnehmung – die "Looking for Mushrooms"-Varianten sind 16mm-Film-gewordene Trips, und die Atompilz-Studie "Crossroads" lässt sich gut als Mandala betrachten. Am Ende aber ist alles flüchtig.

Die erste vollständige Filmretrospektive seit Bruce Conners Tod inkludiert auch seine späten Videoarbeiten und einige neu restaurierte Werke.

Bruce Conner. Sämtliche Filme
14. bis 20. Oktober 2010