Big Picture. Das grosse Format

In der Sammlungsausstellung "Big Picture. Das grosse Format" werden riesige Leinwände, raumfüllende Installationen und überdurchschnittlich grosse Zeichnungen präsentiert. "Big picture" bedeutet aber nicht nur "grosses Bild" oder XXL-Kunst, sondern wird im Englischen genauso als Synonym für "das grosse Ganze" im Sinne eines Überblicks verwendet. Dementsprechend sind auch Kunstwerke, die unabhängig von ihrer Dimension ein Gesamtbild wiedergeben, ein essenzieller Teil dieser Schau.

Grossformatige Werke sind in der heutigen Kunstwelt nicht mehr wegzudenken. Wandfüllende Gemälde, Zeichnungen oder Fotografien sowie gigantische Installationen sprengen den Rahmen von Galerien und Museen. Die Ausstellung "Big Picture – Das grosse Format" bietet aber mehr als eine Auswahl an Werken mit überdimensionalen Massen aus der Sammlung des Aargauer Kunsthauses. Denn ein "big picture" kann auch hinsichtlich seiner konzeptuellen Dimension als solches bezeichnet werden. Aus diesem Grund sind Arbeiten, die einen Überblick zu einem komplexen Projekt verschaffen oder eine allumfassende Idee vermitteln, ebenfalls integraler Bestandteil der Schau. Auf faszinierende und immer wieder neue Art und Weise finden Künstlerinnen und Künstler Wege zur Kondensierung ihrer grossen Visionen, in einzelnen und mehrteiligen Werken.

Christian Philipp Müller ist mit seiner Installation "Tour de Suisse" (1994) einem solchen Prozess des Zusammenfassens nachgegangen. Der Künstler sammelte mit Hilfe von Fragebogen und Interviews Angaben zu 24 Schweizer Kunstinstitutionen. Entstanden ist eine mit Videos, Formularen und Ausstellungskatalogen ausgestattete interaktive Rauminstallation, die eineAuslegeordnung der Schweizer Museumslandschaft während der Mitte der 1990-Jahre schafft. Die Arbeit steht repräsentativ für Müllers künstlerische Methode der Recherche und Analyse.

Exemplarisch für die Vorgehensweise der Zusammenfassung eines Œuvres ist das Werk "Le Musée de Ben" (1972) von Ben Vautier. Der Künstler traf eine Auswahl von eigenen künstlerischen Arbeiten, reproduzierte diese in verkleinerter Form und präsentierte sie in einem kleinen Holzkasten. Mit diesem Miniaturmuseum bietet er den Betrachterinnen und Betrachtern im Kleinen eine Übersicht seines künstlerischen Gesamtwerks. Zugleich verweist die Arbeit Vautiers auf das tragbare Koffermuseum "La-Boîte-en-valise" (1968) von Marcel Duchamp, das 80 verkleinerte Repliken und Reproduktionen der Werke Duchamps enthält. Anhand der Verdichtung wird in beiden Arbeiten die Bedeutung einer gesamten künstlerischen Produktion eines Künstlers ironisch befragt.

Eine vergleichbare Verdichtung ist zu finden in der Arbeit "Tiroir" (2018) von Augustin Rebetez, der jüngsten Position in der Ausstellung. Im Industrieschrank mit 80 Schubladen befinden sich Figuren, verzierte Steinmesser, Tierschädel, Knochenschmuck u. a. Gegenstände. Diese Objekte erinnern an Rituale von Urvölkern. Sie können vom Publikum umplatziert und neu arrangiert werden, sodass die Auswahl und die Präsentation der Gegenstände nicht mehr beim Künstler, sondern bei den Rezipientinnen und Rezipienten liegt. Markus Raetz fordert den Betrachter dazu auf, in der begehbaren Installation "Chambre de lecture" (2013-15) innezuhalten und seine Wahrnehmung zu schärfen. 432 Profile menschlicher Gesichter, je aus einem Stück Draht geformt, hängen an unsichtbaren Fäden an den Wänden eines "Raumes im Raum". Der leichteste Windhauch einer vorbeilaufenden Person reicht bereits aus, um die filigranen Profile in Bewegung zu setzen und dabei ihre Konturen für einen Augenblick neu zu modellieren.

"42 flache Arbeiten" (1987-90) von Adrian Schiess setzt sich aus rechteckigen Platten gleichen Formats zusammen, die in Reihen angeordnet werden. In den industriell lackierten monochromen Flächen spiegelt sich der umgebende Raum, der dadurch zum Bestandteil der Installation wird. Einen wichtigen Platz in der Ausstellung nehmen zweidimensionale Arbeiten im XXL-Format an. Exemplarisch dafür ist das grossflächige Ölbild "Black Painting VIII: Ultramarine Blue & Burnt Umber" (1980) von Marcia Hafif. Die Leinwand wirkt auf den ersten Blick monochrom, verwandelt sich bei genauer Betrachtung aber in eine vibrierende Oberfläche voller feinen Farbnuancen von Ultramarinblau bis Umbrabraun. Nur mit Bleistift realisierte Didier Rittener seine riesige Zeichnung "Les Pommiers ou indécente forêt" (2014-16). Darin führte er 19 Bildausschnitte verschiedenster Meisterwerke aus der Kunstgeschichte zusammen, die alle das Motiv des Paradiesbaumes zeigen. Er hinterfragt damit die Bedeutung von Originalen. Schliesslich wirft Hannah Villiger mit ihrer fotografischen Arbeit "Block I" aus zwölf Aufnahmen, die sich durch extreme Nahsicht auszeichnen, Fragen zu Körperlichkeit, gesellschaftlicher Wertung und Identität auf.

Künstler/-innen: Balthasar Burkhard (1944-2010), Pascal Danz (1961-2015), Markus Döbeli (*1958), Michel Grillet (*1956), Marcia Hafif (1929-2018), Bruno Jakob (*1954), Zilla Leutenegger (*1968), Olivier Mosset (*1944), Christian Philipp Müller (*1957), Karim Noureldin (*1967), Vaclav Pozarek (*1940), Markus Raetz (*1941), Augustin Rebetez (*1986), Didier Rittener (*1969), Mario Sala (*1965), Katharina Sallenbach (1920-2013), Adrian Schiess (*1959), Hugo Suter (1943-2013), Fiona Tan (*1966), Ben Vautier (*1935), Hannah Villiger (1951-1997) u. a.


Big Picture. Das grosse Format
26. Januar bis 28. April 2019
Vernissage: Fr 25. Januar 219, 18 Uhr