Bense und die Künste

Zum 100. Geburtstag des Philosophen Max Bense zeigt das ZKM eine Ausstellung zu dessen internationaler Wirkung auf bildende Kunst und Literatur, die von Brasilien über Osteuropa bis Japan reichte. Die Schau, mit der die ZKM-Reihe "Philosophie und Kunst" fortgeführt wird, stellt Bense als Dichter und Schriftsteller vor, als Kunst- und Literaturtheoretiker sowie als Ausstellungskurator und Publizist.

Sie zeigt einen Künstler und Theoretiker, der eng mit der Konkreten Poesie und der Konkreten Kunst sowie der Computerkunst verbunden war, sich jedoch auch anderen Kunsttendenzen mit Leidenschaft zuwandte. Die Ausstellung mit Publikationen Max Benses sowie Grafiken, Gemälden und Skulpturen der Künstler, die Bense ausstellte oder über die er schrieb, wird ergänzt durch Manuskripte und Fotografien sowie Aufzeichnungen seiner Hörfunkbeiträge und Fernsehauftritte. Sie zeigen den Philosophen und seinen Blick auf die "Kunst in künstlicher Welt" (1956).

Bense, der von 1949 bis zu seinem Tod 1990 in Stuttgart wirkte, propagierte im Nachkriegsdeutschland eine Ästhetik der "technischen Existenz", welche die medientheoretische Wende der Literatur- und Geisteswissenschaften, wie sie in den 1980er-Jahren erfolgte, um Jahrzehnte vorwegnahm. Seine Überlegungen zu Literatur und Kunst waren dabei Teil eines umfassenden philosophischen Weltbildes, das die naturwissenschaftliche und "technische Realität" der Zivilisation aufzeigte und sich gegen romantische und mythologisierende Tendenzen der deutschen Nachkriegskultur richtete. Bense etablierte bereits damals einen Kulturbegriff, der – in der Tradition der Aufklärung – die Geistesgeschichte der Mathematik, Physik und Ingenieurwissenschaften einschloss.

Max Bense, der am 7. Februar 1910 in Straßburg geboren wurde, studierte an den Universitäten Bonn und Köln Physik, Mathematik, Mineralogie, Geologie sowie Philosophie, promovierte 1937 über "Quantenmechanik und Daseinsrelativität" und arbeitete zunächst als Physiker der I.G. Farben in Leverkusen. Nach seinem Kriegseinsatz folgte Bense 1945 einem Ruf der Universität Jena. Doch bereits 1948 floh er nach Westdeutschland und wurde 1949 zunächst als Gastprofessor und 1950 als Professor für Philosophie und Wissenschaftstheorie an die Technische Hochschule Stuttgart berufen. Er lehrte zudem an der HfG Ulm und der Hochschule für bildende Künste Hamburg sowie in Rio de Janeiro.

Bense verfolgte seine literarischen und künstlerischen Neigungen als Publizist und Hörspielautor bereits während des Studiums. In Stuttgart begann er ab 1957 auch Ausstellungen zu organisieren, zunächst in der Galerie Gänsheide, dann in der von ihm gegründeten Studiengalerie an der Technischen Hochschule Stuttgart. Er schrieb über zahlreiche bildende Künstler, Dichter und unter anderem über Max Bill, Lygia Clark, Alberto Giacometti, Almir Mavignier, Henri Michaux, Mira Schendel und Paul Wunderlich sowie Alfred Andersch, Haroldo de Campos, Reinhard Döhl, Eugen Gomringer, Francis Ponge, Nathalie Sarraute und Gertrude Stein.

Neben seinen Ausstellungen und Essays schuf Bense weitere Foren für die Künste: durch die Gründung der Zeitschrift "Augenblick" (1955) und die von ihm und Elisabeth Walther edierte "reihe rot" (1960), in der u.a. Helmut Heissenbüttel, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker und Diter Rot publizierten. Gleichzeitig entwickelte er, ausgehend von Semiotik und Nachrichtentheorie, ab Mitte der 1950er-Jahre eine "Informationsästhetik", die in ganz Europa Vertreter der konkreten und kinetischen Kunst beeinflusste und ihn zum wichtigsten Theoretiker der Pionierzeit europäischer Computerkunst machte.

Die Ausstellung zeigt unter anderem Werke von Max Bill, Lygia Clark, Bruno Giorgi, Hiroshi Kawano, Frieder Nake, Geroges Mathieu, Manfred Mohr, Henri Michaux, François Morellet, Günter Neusel, Uli Pohl, Bernhard Sandfort, Mira Schendel, Tim Ullrichs, Wols und Paul Wunderlich.

Bense und die Künste
7. Februar bis 11. April 2010