Beinahe ein Wollmilchschwein

10. Oktober 2011 Kurt Bracharz
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Das Mangalitzaschwein kommt dem sprichwörtlichen eierlegenden Wollmilchschwein zumindest optisch schon recht nahe – dass es doch keine Eier legen kann, sieht man ihm ja nicht an. Aber Milch gibt die Mangalitza-Sau ihren Ferkeln und wollig ist diese als freundlich und gutmütig geltende Schweinerasse allemal, auch wenn man ihre Haare nicht zum Pulloverstricken, sondern lediglich zum Binden von Fliegen fürs Fliegenfischen verwendet.

Das mittelgroße Mangalitzaschwein stammt ursprünglich aus Ungarn und ging aus einer Kreuzung von Exemplaren ungarischer Schweinerassen aus Szalonta und dem Bakony-Gebirge mit elf serbischen Sumadia-Schweinen hervor, die der serbische Fürst Milos dem österreichischen Erzherzog Joseph Anton Johann für sein ungarisches Landgut geschenkt hatte.

Für den Namen "Mangalitza" gibt es mehrere Etymologien, das Wort soll entweder slawisch "walzenförmig" bedeuten oder vom rumänischen "mancare" für Essen oder vom serbokroatischen "mangala svinija" (gut genährtes Schwein) herkommen. Mangalitzaschweine werden wegen ihrer besonders im Winter dichten und gekrausten Behaarung auch als Wollschweine bezeichnet. Man unterscheidet das Blonde, das Rote und das die Hauptrasse stelltende Schwalbenbäuchige (schwarz mit weißem Bauch) Mangalitzaschwein.

Ende des 19. Jahrhunderts war Mangalitza in Europa die meistverbreitete Zuchtschweinrasse, auf der ein Großteil der ländlichen Ernährung mit Fleisch aufbaute. Um 1900 kreuzte man das Lincolnshire Curly Coat Pig ein, dessen Gene heute in den Mangalitzas versteckt sind; die englische Rasse mit dem krausen Fell ist in den 1970-er Jahren ausgestorben.

Das Mangalitzaschwein hat zwar ein vorzüglich schmeckendes Fleisch, das etwas dunkler ist als das des Hausschweins, wächst aber relativ langsam heran und produziert verhältnismäßig wenige Ferkel (im Durchschnitt sechs pro Wurf). Deshalb wurde es um die Mitte des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa von fleischreichen englischen Schweinerassen verdrängt. Aber in den 1990-er Jahren begann man in Ungarn, in vermehrtem Ausmaß die genügsamen Mangalitzas zu züchten, die mit ihrem dichten Fell für die ganzjährige Freilandhaltung besonders geeignet sind, und 2006 wurden Mangalitzaschweine nach Großbritannien und in die USA exportiert und werden seither dort gezüchtet.

Das Fett des Mangalitzaschweins hat einen hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren und eine gute Balance von Omega-3- und –6-Fettsäuren. Der Speck vom Mangalitza-Schwein gilt als der beste und schmackhafteste Speck überhaupt und speziell der Goderl-Speck wird heute wohl zu Recht auch preislich als Delikatesse gehandelt.

Im Burgenland gibt es die "Genuss Region Pannonisches Mangalitzaschwein", gezüchtet wird unter anderem in Neusiedl, Illmitz, Frauenkirchen und Podersdorf. Die Wiener Schinkenmanufaktur Thum produziert davon einen Mangalitza-Beinschinken, die Hink-Pastetenmanufaktur bietet Crema di Lardo, Grammelschmalz, Rillettes und Paté an, und aus Ungarn kommt Paprikaspeck vom Mangalitzaschwein.