Ausnahmefrauen

Der Begriff der "Ausnahmefrau" beruht auf einem stereotypen Bild der Frau, suggeriert er doch, dass sich die als "Ausnahmefrau" Bezeichnete geschlechtsuntypisch verhält, dass sie "für eine Frau" Außergewöhnliches leistet. Insofern sind die im Mittelpunkt der Ausstellung stehenden Künstlerinnen Christa Hauer, Hildegard Joos und Susanne Wenger zwar zweifellos exzeptionell, aber zugleich auch repräsentativ für weibliche Kunstschaffende, die trotz ihrer Außergewöhnlichkeit aufgrund patriarchaler Gesellschaftsstrukturen weitgehend unterschätzt blieben.

Alle drei studierten vor dem Zweiten Weltkrieg oder währenddessen an der Wiener Akademie der bildenden Künste, an der Frauen wohlgemerkt erst ab 1920/21 zugelassen waren. Ihre künstlerische Ausbildung erfolgte somit in einer sowohl politisch als auch wirtschaftlich prekären Ära und war von den restriktiven ästhetischen Auffassungen der Zeit geprägt. Nach dem Kriegsende jedoch fanden sie rasch Zugang zu dem kleinen, aber feinen Avantgarde-Kreis, der sich zunächst rund um den Art Club und später um die Secession ausbildete.

Die nachhaltigste Wirkung auf ihre weitere künstlerische Entwicklung hatte jedoch bezeichnenderweise der Umstand, dass Christa Hauer, Hildegard Joos und Susanne Wenger in den 1950er-Jahren den Weg ins Ausland suchten: Christa Hauer kam ab 1953 in Chicago mit dem Action Painting und dem abstrakten Expressionismus in Berührung; Hildegard Joos ließ sich 1959 in Paris nieder, wo sie und ihr langjähriger Partner Harald Schenker (alias Harold Joos) intensive Kontakte zur Szene der konstruktiven und konkreten Kunst pflegten; Susanne Wenger lernte 1949 – auch in Paris – den Sprachforscher Ulli Beier kennen und brach ein Jahr später mit ihm nach Nigeria auf, wo sie ihr weiteres Leben verbrachte, das fortan ebenso wie ihr künstlerisches Schaffen ganz im Zeichen der Yorùbá-Religion stand.

Während die – männlich dominierte – Kunstszene den Künstlerinnen der Vorkriegsgeneration gemeinhin eine "weibliche Ästhetik" unterstellt hat, bezeugt gerade das OEuvre von Hauer, Joos und Wenger ein ganz und gar "unfeminines" Interesse an formalen und inhaltlichen Fragen, das in ihren Arbeiten eine unverwechselbare Ausprägung erfuhr. Was diese drei "Ausnahmefrauen" außerdem miteinander verbindet, ist ein über die eigene Kunstproduktion hinausgehendes Engagement für gesellschafts- und kulturpolitisch relevante Anliegen.

Christa Hauer etwa leitete als erste Frau eine Galerie in Österreich und trat, als Feminismus hierzulande noch ein Fremdwort war, Seite an Seite mit Hildegard Joos und anderen Vorkämpferinnen im Rahmen einer Aktionsgemeinschaft für die Gleichbehandlung von Künstlerinnen ein; Hildegard Joos machte sich außerdem als Mitbegründerin der Gruppe "Exakte Tendenzen" für die in Österreich chronisch unterbewertete konstruktive Kunst stark; und Susanne Wenger trug mit dem Wiederaufbau des Heiligen Hains im nigerianischen Oshogbo maßgeblich zur Erhaltung der Yorùbá-Kultur bei.

Die Ausstellung beschränkt sich daher nicht auf eine reine Werkschau, sondern versucht auch, anhand von Dokumenten und Zeitzeugnissen dem regen Geist dieser exzeptionellen Frauen und den Umständen, unter denen er gereift ist, auf die Spur zu kommen. Alexandra Schantl


Ausnahmefrauen
Christa Hauer, Hildegard Joos, Susanne Wenger
Sonderausstellung zum Frauenschwerpunkt 2013/14
29. November 2013 bis 12. Oktober 2014